Startseite Archiv Nachricht vom 17. Februar 2015

Innenminister Pistorius warnt vor Missbrauch von Kirchenasyl - Bischof Meister: Kirchengemeinden entscheiden aus humanitären Gründen

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Hannover (epd). In der Diskussion um das Kirchenasyl hat der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) die Kirchen vor Missbrauch gewarnt. "Ich habe hohen Respekt vor dem großen humanitären Engagement, das sich im Kirchenasyl ausdrückt", sagte er. Kein Verständnis habe er jedoch dafür, wenn es lediglich dazu genutzt werde, um Dublin-III-Fristen für eine Ausreise oder Abschiebung zu überschreiten. Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister betonte am Mittwoch dagegen, die Kirchengemeinden entschieden immer im Einzelfall und aus humanitären Gründen, wenn sie Asylbewerber bei sich aufnähmen.

Nach der Dublin-Regelung müssen Flüchtlinge in dem EU-Land Asyl beantragen, das sie als erstes erreicht haben. Von Deutschland können sie daher meist binnen sechs Monaten in diese sogenannten sicheren Drittstaaten abgeschoben werden. Das Kirchenasyl dürfe niemals zum politischen Instrument werden, um die Dublin-Regelung zu umgehen, sagte Meister, der auch Ratsvorsitzende der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen ist.

Wenn es allerdings Anhaltspunkte gebe, die für ein Asylverfahren in Deutschland sprächen, setzten sich die Kirchengemeinden dafür ein, diese zu überprüfen. Meister zählte dazu etwa traumatisierende Erfahrungen in einem anderen europäischen Land oder familiäre Bezüge in Deutschland. "Die vor einem Kirchenasyl stehenden Kirchengemeinden und Kirchenvorstände setzen sich sehr gründlich und kritisch mit der Situation der Flüchtlinge auseinander", betonte der Bischof. Ein Kirchenasyl sei dabei immer die allerletzte Möglichkeit.

Pistorius sagte dem epd, es gebe Fälle, die erkennbar und durchsichtig dazu dienten, die Dublin-III-Frist auszuhebeln. "Kaum, dass die sechs Monate rum sind, werden die Kirchentüren geöffnet. Damit habe ich ein echtes Problem." Das Kirchenasyl sei eine Möglichkeit für Menschen in wirklich ausweglosen Situationen und in diesen Fällen gerade noch hinnehmbar. "So können sie zumindest hierbleiben, bis sich ihre Situation klärt."

Bei den Dublin-III-Flüchtlingen gehe es aber nicht darum, dass Flüchtlinge "in Tod und Folter" zurückgeschickt würden, sondern in ein anderes europäisches Land - wenn auch mit möglicherweise niedrigeren Standards als in Deutschland. Zumindest im Einzelfall könne das Kirchenasyl in solchen Fällen an der Grenze zum Missbrauch und dem Unterlaufen rechtsstaatlicher Regelungen liegen. Mit 47 Kirchenasylen im vergangenen Jahr landesweit gebe es jedoch keinen Grund, Alarm zu schlagen, sagte der Minister. "Ich sehe noch keinen Handlungsbedarf. Man muss das aber weiter beobachten."

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