Startseite Archiv Tagesthema vom 30. April 2023

„Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben“

Die vollständige Darstellung von Archivmeldungen befindet sich noch im Aufbau. Schauen Sie in Kürze noch mal vorbei!

Wenn wir in den Gottesdiensten singen, greifen wir auf Lieder zurück, die wir in unseren Liederbüchern finden. Das hat ganz praktische Gründe, weil wir uns so auf gemeinsame Melodien und Texte einigen können. Praktisch ist es auch, weil wir nicht groß überlegen müssen, welche Worte wir in dem Moment wählen. Manchmal probieren wir so auch Worte aus, die mutiger sind als wir selbst.

In diesen und den nächsten Wochen werden in vielen Gemeinden Konfirmationen gefeiert. Grund zum Feiern ist jede einzelne Einsegnung. Denn selbstverständlich sind sie alle nicht. Die Jugendlichen haben bekannte Worte aus Bibel und Gesangbuch ausprobiert. Für sich. Und jetzt sagen sie ihr eigenes "Ja" dazu. Weil sich das für sie lohnt.

Hatte Jesus nicht selber gesagt: Ohne mich könnt Ihr nichts tun? Er hat sich doch selbst als den wahren Weinstock bezeichnet, der allen Lebenskraft gibt. Nur wer mit ihm in Verbindung bleibt, kann Frucht bringen. Darum: Es lohnt sich dranzubleiben.

„Jesus Christus spricht: Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.“

Eine Begegnung an der Schwanenburg in Hannover-Limmer. Ich komme gerade vom Arzt und habe noch Zeit, bis ich meine Frau in der Schwanenburg treffe.  Ich setze mich schon mal auf den Freisitz in die Sonne. Ein Mann, der eben noch sein Fahrrad oben abgeschlossen hatte und mir den Weg zum Fahrstuhl gewiesen hatte, setzt sich zu mir. Vielleicht weil ich offensichtlich behindert bin, erzählt er mir dann von seiner Sehbehinderung und einer chronischen Erkrankung. Schon als junger Mann hat das angefangen. Und er kann von leidvollen und anstrengenden Phasen erzählen. Humor würde ihm helfen, sagt er. Und sein Glaube.

„Jesus Christus spricht: Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.“

Doch, eine ganze Menge können wir tun.

Auch ohne Christus, auch ohne den Weinstock und uns als Reben. Aber es gibt Situationen, in denen dieser Weinstock tatsächlich hilft. An manchen Knackpunkten wird das in einzelnen Biografien deutlich. Manchmal auch kollektiv, wenn Kirchen voll sind. Weil sich eine Katastrophe anders gar nicht aushalten lässt.

„Ohne mich könnt ihr nichts tun“ wird dann zu einem „Mit mir könnt ihr sogar das: Entsetzen und Traurigkeit aushalten“.

Das ist das Pfund, mit dem wir als Kirche wuchern können: Dass wir Worte zur Hand haben, wenn keine Worte mehr da sind. Dass wir Gesten haben, wenn alle erstarren. Dass wir Hoffnung haben über dieses Leben hinaus.

Dass die Jugendlichen, die wir kommenden Sonntag konfirmieren, dieses Potential unseres christlichen Glaubens aus der Konfirmandenzeit mitnehmen, wünsche ich uns als Kirche und vor allem ihnen selbst.

Amen.

Jakob Kampermann

Biblischer Text

Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater der Weingärtner. Eine jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, nimmt er weg; und eine jede, die Frucht bringt, reinigt er, dass sie mehr Frucht bringe. Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu Euch geredet habe.
Bleibt in mir und ich in Euch. Wie die Rebe keine Frucht bringen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch Ihr nicht, wenn Ihr nicht an mir bleibt.
Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun. Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt die Reben und wirft sie ins Feuer, und sie verbrennen. Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren. Darin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt und werdet meine Jünger.
Wie mich mein Vater liebt, so liebe ich euch auch. Bleibt in meiner Liebe! Wenn ihr meine Gebote haltet, bleibt ihr in meiner Liebe, so wie ich meines Vaters Gebote gehalten habe und bleibe in seiner Liebe. Das habe ich euch gesagt, auf dass meine Freude in euch sei und eure Freude vollkommen werde.
Das ist mein Gebot, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch liebe.
Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde. Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete.
Ich nenne euch hinfort nicht Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Euch aber habe ich Freunde genannt; denn alles, was ich von meinem Vater gehört habe, habe ich euch kundgetan.

Johannesevangelium 15,1–15

Der Autor

Jakob Kampermann ist Pastor und Mitglied der Evangelischen Medienarbeit (EMA) der Landeskirche Hannovers.