Die Frau im grünen Shirt hat lockiges, blondes Haar. Ihren Kaffee trinkt sie mit Hafermilch, die Lippen leuchten in einem dezenten, edlen Rot. Manchmal blitzt das Schwäbische durch, dann rutscht ein kleines „net“ durch. Es ist hörbar, dass Hildesheim, wo die evangelische Pastorin Birgit Mattausch lebt und arbeitet, 480 Kilometer von ihrer Heimat in der Nähe von Stuttgart entfernt ist. „Ist das verständlich?“, fragt sie immer wieder. Womöglich auch sich selbst. Denn sie geht mit Worten sehr vorsichtig, geradezu zärtlich um.
Mattausch, die kreatives Schreiben studiert hat und gern Texte zusammen mit anderen Kreativ-Absolventen verfasst, ist gewiss keine typische Theologin. „Ich bin net die Pastorin, die am Ende einen Segen spricht. Ich lerne eher“, sagt sie. In der hannoverschen Landeskirche übt sie ihren Beruf auf ungewöhnliche Weise aus und spricht genau damit Menschen an. Sie arbeitet als Referentin in der Literaturkirche St. Jakobi in Hildesheim, coacht dazu für die Landeskirche Predigerinnen und Prediger. Die gebürtige Schwäbin möchte vor allem „Botschafterin sein zwischen der kirchlichen Welt und der jungen, studentischen Literaturszene“.
Im Herbst 2023 erscheint im Klett Cotta Verlag ihr erster Roman. In dem Buch geht es um das Leben in einer Hochhaussiedlung, um Verzweiflung und Hoffnung. Es hat viel mit Erfahrungen zu tun, die Mattausch auf ihrer ersten Pfarrstelle gemacht hat. „Aber die Figuren darin sind fiktional“, sagt sie. Pastorin - das meint ursprünglich Hirtin, oft auch Leiterin einer Ortsgemeinde, nicht selten Fachkraft im Lebensberatungs-Business. Für die Romanautorin sind das schwer einzulösende Ansprüche. „Sakramentsverwaltung auf Lebenszeit“, zitiert sie den offiziellen Duktus ihrer Kirche und schluckt. „Das klingt schon krass.“