Startseite Archiv Tagesthema vom 05. Februar 2023

Leid auf der Weltbühne

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Außenministerin Annalena Baerbock warb in ihrer Rede vor der UN um Zustimmung zu der von mehr als 50 Staaten eingebrachten Resolution für ein Ende des russischen Angriffskriegs. Die Vollversammlung hat am Abend mit großer Mehrheit einen Rückzug der russischen Truppen gefordert. 141 der 193 Mitgliedstaaten stimmten für die Resolution.

Das ist der zeitliche Kontext, in dem uns heute Hiob vorgegeben ist. Am Sonntag Invokavit. Dem ersten Sonntag in der Passionszeit.

Um Versuchung geht es in den biblischen Texten, die für heute vorgesehen sind. Von der Versuchung der Schlange – „Ihr werdet sein wie Gott“ – über Hiob, der auch in Schicksalsschlägen und Krankheit an Gott festhält, und Judas, der nicht widersteht, bis hin zu Jesus, der selbst versucht wird. Das Bekenntnis zu ihm und der Blick in die Heilige Schrift helfen, in der Versuchung zu bestehen und Gott richtig zu dienen.

Die Erzählung von Hiob und seiner Erkrankung, wobei er immer noch an Gott festhält und mit ihm (!) redet, erklärt nicht, wie das sein kann, dass jemand, der so fromm und rechtschaffen ist, so leiden muss. Auch Gott gibt ihm keine überzeugende Antwort. Hiob stellt irgendwann fest, dass Gott einfach größer ist als er: Siehe, ich bin zu gering, was soll ich Dir antworten? Ich will meine Hand auf meinen Mund legen. (Hiob 40, 4)

Das ist ein bisschen weise, aber schwer auszuhalten. Deshalb wohl diese Rahmenerzählung im Hiobbuch. Eine göttliche Wette mit dem Satan. Die findet sich Jahrhunderte später bei Faust wieder. Aber sie bleibt etwas grotesk.

Es gibt Leid auf der Weltbühne, in unseren Wohnzimmern, das wir nicht erklären können. Wir sollten es auch nicht versuchen. „Stell Dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin.“ Ein Slogan meiner Kindheit. Daran muss ich immer wieder denken, wenn ich von den Kriegsverbrechen in der Ukraine höre und lese. Ich weiß zu wenig von den Dynamiken eines Krieges. Aber verdammt: Diese Kriegsverbrechen begeht doch auch jemand!

Es bleibt also viel zu tun, damit unsere Welt gar nicht dahin kommt, so zu handeln. Ein erster Schritt wäre, der Versuchung einer Erklärung nicht nachzugeben. So lege ich meine Hand auf den Mund.

Amen.

Jakob Kampermann

Biblischer Text

Es begab sich aber eines Tages, da die Gottessöhne kamen und vor den Herrn traten, dass auch der Satan mit ihnen kam und vor den Herrn trat.
Da sprach der Herr zu dem Satan: Wo kommst du her? Der Satan antwortete dem Herrn und sprach: Ich habe die Erde hin und her durchzogen. Der Herr sprach zu dem Satan: Hast du acht auf meinen Knecht Hiob gehabt? Denn es ist seinesgleichen auf Erden nicht, fromm und rechtschaffen, gottesfürchtig und meidet das Böse und hält noch fest an seiner Frömmigkeit; du aber hast mich bewogen, ihn ohne Grund zu verderben.
Der Satan antwortete dem Herrn und sprach: Haut für Haut! Und alles, was ein Mann hat, lässt er für sein Leben. Aber strecke deine Hand aus und taste sein Gebein und Fleisch an: Was gilt’s, er wird dir ins Angesicht fluchen! Der Herr sprach zu dem Satan: Siehe da, er sei in deiner Hand, doch schone sein Leben!
Da ging der Satan hinaus vom Angesicht des Herrn und schlug Hiob mit bösen Geschwüren von der Fußsohle an bis auf seinen Scheitel. Und er nahm eine Scherbe und schabte sich und saß in der Asche. Und seine Frau sprach zu ihm: Hältst du noch fest an deiner Frömmigkeit? Fluche Gott und stirb! Er aber sprach zu ihr: Du redest, wie die törichten Frauen reden. Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten das Böse nicht auch annehmen?
In diesem allen versündigte sich Hiob nicht mit seinen Lippen.
Als aber die drei Freunde Hiobs all das Unglück hörten, das über ihn gekommen war, kamen sie, ein jeder aus seinem Ort: Elifas von Teman, Bildad von Schuach und Zofar von Naama. Denn sie wurden eins, dass sie kämen, ihn zu beklagen und zu trösten. Und als sie ihre Augen aufhoben von ferne, erkannten sie ihn nicht und erhoben ihre Stimme und weinten, und ein jeder zerriss sein Kleid, und sie warfen Staub gen Himmel auf ihr Haupt und saßen mit ihm auf der Erde sieben Tage und sieben Nächte und redeten nichts mit ihm; denn sie sahen, dass der Schmerz sehr groß war.

Hiob 2,1–13

Der Autor

Jakob Kampermann ist Pastor und Mitglied der Evangelischen Medienarbeit (EMA) der Landeskirche Hannovers.