Claus Kunath hat auf dem Übungs-Platz in Isernhagen bei Hannover mit orangefarbenen Hütchen eine Strecke aufgebaut. Der Polizist im Ruhestand leitet für die Deutsche Verkehrswacht das Training „Fit im Auto“ für Senioren an. Die Aufgabe lautet: Vollbremsung. Erika Volger weiß, das ist eine größere Herausforderung als gedacht. „Wir werden uns wundern“, sagt die 83-Jährige voraus, während die erste Fahrerin in Startposition fährt. Volger war vor drei Jahren schon einmal beim Training dabei und hat sich gemerkt: „Vollbremsung heißt, das Bodenblech durchtreten.“
Nacheinander beschleunigen die Frauen und Männer ihre Wagen auf 30 Kilometer pro Stunde, um dann abzubremsen. Bei der zweiten Hütchenreihe sollen sie abrupt zum Stehen kommen. Doch Erika Volger ist die einzige, der das auf Anhieb gelingt. Sie beherzigt seit ihrem ersten Kurs bei Kunath, was dieser auch jetzt immer wieder betont: „Das Bremsverhalten hängt im großen Stil vom Sitzverhalten ab.“ Die 83-Jährige hat von vornherein ihren Sitz so weit nach vorne gestellt, dass auch bei der Vollbremsung das Knie leicht gebeugt bleibt. Der Übungsleiter ist stolz über den Lernerfolg: „Ich könnte vor Freude hochspringen!“
Statistisch sind Senioren gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil zwar seltener an Unfällen mit Personenschaden beteiligt als jüngere Bevölkerungsgruppen. Insgesamt waren es im Jahr 2020 laut Statistischem Bundesamt 68.853 ältere Menschen und damit 14,6 Prozent aller Unfallbeteiligten. Doch der Pressesprecher der Deutschen Verkehrswacht mit Hauptsitz in Berlin, Heiner Sothmann, schränkt ein: Wenn ältere Menschen in einen Unfall verwickelt seien, hätten sie diesen in zwei von drei Fällen auch verursacht. „Das sind Zahlen, die wir nicht ignorieren dürfen“, sagt er. „Deshalb arbeiten wir viel mit Älteren, zur kritischen Selbstreflexion.“