Startseite Archiv Tagesthema vom 19. Mai 2022

Lieber Lernhefte statt Mandalas ausfüllen - in Osnabrück-Belm gelingt Geflüchtetenhilfe

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In vielen Gemeinde gibt es vielfältige Angebote der Unterstützung für geflüchtete Menschen, von Treffpunkten und Kleiderkammern bis Spendenaktionen. Hier finden sich Beispiele dessen, was in Niedersachsen alles geschieht.

„Ich fühle mich in Belm sehr gut aufgenommen, möchte aber in meine Heimat zurückkehren, sobald Stabilität und Sicherheit herrscht“, sagt Danylo, der Anfang März mit Ehefrau Tatiana und neun Kindern nach Deutschland gekommen ist. Fünf Tage ist die Familie mit dem eigenen Auto auf der Flucht gewesen, zwei davon haben sie in einer zehn Kilometer langen Schlange an der ukrainischen Grenze verbracht. In Nordrhein-Westfalen hatten sie vorerst bei einem Pastor Unterschlupf gefunden. 
Vor dem Krieg hat die Großfamilie in Merefa in der Ostukraine gelebt, auf knapp 200 Quadratmetern im selbst gebauten Eigenheim. Der Familienvater ist selbstständiger Fliesenleger und Dachdecker.  
Mittlerweile leben Danylo, Tatiana und die Kinder in einer 4-Zimmer-Wohnung in Belm. Die älteren Kinder besuchen eine weiterführende Schule im Ort, die jüngeren die Grundschule. Um die Kleinsten kümmert sich Tatiana zuhause, während Danylo an einem Sprachkurs teilnimmt und ehrenamtlich bei der Tafel aushilft. „Wir sind sehr dankbar für die Fürsorge, die wir bekommen“, sagt Danylo.

Auch Galina ist im Osnabrücker Land gelandet. Nach dem ersten Angriff auf Schitomir, in der Nähe von Kiew, hat die Ukrainerin mit ihrer Tochter und Mutter die Flucht ergriffen. Sie haben nur das Nötigste in Taschen gepackt und sind nach einer beschwerlichen Zugfahrt zunächst bei einer Bekannten in Belm untergekommen. Galinas erster Weg führte ins Gemeindehaus – und von dort aus wurden die Flüchtlinge zu Thorsten und Silke Weidner vermittelt. „Wir wurden von unserer Gastfamilie so liebevoll aufgenommen“, sagt Galina. 
Viel Unterstützung hat sie in der Christus-Kirchengemeinde von Pastor Arne Schipper erfahren. „Die Kirchen in der Umgebung waren die ersten, die in der Krise aktiv geworden sind“, sagt Schipper.
Die Grundschullehrerin engagiert sich mittlerweile im Familientreff der Belmer Gemeinde für andere ukrainische Familien und begleitet dort auch die Kleiderkammer. Um in Deutschland so selbständig wie möglich zu werden, nimmt sie Sprachunterricht. „Aber ich sehne mich danach, so schnell wie möglich nach Hause zu kommen und wieder in meinem alten Beruf zu arbeiten“, sagt die Frau, die noch regelmäßig Kontakt zu ihrem jüngeren Bruder und seiner Familie in der Heimat hat. 
 

„Wir haben bereits Ende 2002 eine Diakonie-Anlaufstelle für zugezogene Aussiedler und Migranten eingerichtet und natürlich jetzt auch den Menschen aus der Ukraine Hilfe angeboten“, erzählt Pastor Arne Schipper, Vorsitzender des Diakonie-Fördervereins Belm.  Im Gemeindehaus wurde ein Raum eingerichtet, in dem sich die ukrainischen Familien treffen können. In einer WhatsApp-Gruppe tauschen sich die Geflüchteten untereinander aus, um die Helfer ein Stück weit zu entlasten. Auch Sprachkurse finden dort statt. „Wir haben es überwiegend mit Menschen zu tun, die über einen recht hohen Bildungsstand verfügen“, erzählt der Pastor. Die hätten nicht nur den Anspruch an sich selbst, ihre Zeit sinnvoll zu nutzen, sondern wollen sich in Deutschland auch verständigen, so Arne Schipper. 

Aloys Suntrop ist pensionierter Lehrer und kommt zwei Mal wöchentlich ins Gemeindehaus, um für die Geflüchteten Sprachlernkurse anzubieten. „Die Erwachsenen, darunter auch ein 83-jähriger Professor aus Odessa, sind wissbegierig und lernen schnell“, erzählt der 70-jährige Pädagoge. „Und auch die Kinder üben lieber in Lernheften, statt Mandalas auszumalen.“ Den Austausch mit seinen „Schülern“ empfindet Aloys Suntrop als große Bereicherung. „Ich bekomme von diesen Menschen viel mehr, als ich gebe und wenn sie bei mir lernen, im Alltag klarzukommen, habe ich mein Ziel erreicht“, sagt der ehrenamtliche Sprachlehrer. Denn eines haben alle Frauen, Männer und Kinder aus der Ukraine gemeinsam: Sie wollen zurück in ihr Land, sobald es die politische Situation zulässt. 

Tanja Niestroj

Ukrainehilfe der Landeskirche

Mit 2,5 Millionen Euro unterstützt die Landeskirche Hannovers Projekte für geflüchtete Menschen aus der Ukraine. Das Geld kommt unter anderem dem "blau-gelben Treffpunkt" in Neustadt am Rübenberge zugute. Im Video ist zu sehen, wie das dann aussieht.

Mehr von der Landessynode

Die Hilfe für Geflüchtete aus der Ukraine ist ein Thema bei der Tagung der Landessynode, die vom 18.-21. Mai läuft. Den Tagungsplan der Landessynode,  den Link zum Livestream, Beschlüsse und mehr finden Sie auf der Übersichtsseite:

Ukrainehilfe der Landeskirche

In vielen Gemeinden gibt es "Blau-gelbe Treffpunkte", in denen Geflüchtete Unterstützung bekommen und auch Deutsche sich austauschen und vernetzen können. 

Wie es ist, Geflüchtete privat aufzunehmen

Seit 30 Jahren besucht Ljuba Semenjuk Walsrode - als Dolmetscherin für ukrainische Ferienkinder. Dass sie als Kriegsflüchtling kommen würde, lag außerhalb ihrer Vorstellungskraft. Doch jetzt ist sie da - mit ihrer Tochter und zwei Enkelkindern. Sie wohnen bei Herwig Sager, im Haus seiner kürzlich verstorbenen Mutter.