Startseite Archiv Tagesthema vom 20. März 2022

Das Leben wird siegen

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Bis vor kurzem habe ich kaum etwas über die Ukraine gewusst. Es beschämt mich, aber erst durch den Krieg habe ich mich mehr mit dem Land beschäftigt. Irgendwo zwischen uns und Russland ist da dieser riesige Staat, am Rand von Europa – weit weg eben: das war ungefähr mein Bild und Gefühl. Neben der aktuellen bedrückenden Berichterstattung ist jetzt in den Medien auch viel über das Land, seine Leute und seine Geschichte zu erfahren.

Mich berühren besonders Bilder des Alltags aus friedlichen Zeiten: Tischler, die Möbel bauen. Grafiker in einer Werbeagentur. Ärztinnen, Väter, Malerinnen, spielende Kinder: Menschen, die leben wollen. Ihr Land aufbauen und gestalten. Feiern, Reisen, Spielen, Lachen, Fußball gucken und Würstchen grillen. Ihre russischen Verwandten treffen, im Schwarzen Meer baden und sich nicht entscheiden müssen, ob man Europa oder Russland näher ist oder ob das überhaupt ein Gegensatz sein muss.

Und jetzt ist der Tod gekommen über dieses Land voller Lebenslust. Das Böse nimmt Gestalt an, mal wieder, in Form von Raketen und Granaten, es will Land rauben, Leben nehmen und Machtgier stillen. Opfer sind die Menschen, in der Ukraine und auch in Russland, ob sie Uniformen tragen oder Stillkleider, ob sie an Unterernährung sterben oder im Kugelhagel. In der Ukraine stirbt ein Volk, in Russland die Freiheit. Es gewinnen Tod und Teufel.

Wo bist du jetzt, Jesus? Diese Frage geht mir wie vielen anderen durch den Kopf. Ich lese die Geschichte von Lazarus (Johannes 11) und wundere mich: Sein guter Freund ist krank, liegt im Sterben – und Jesus lässt sich alle Zeit der Welt! Er kommt nicht rechtzeitig, um seinen Tod zu verhindern. Es gehört zu den Rätseln des Glaubens, dass Gott zu seiner eigenen Zeit eingreift oder auch nicht, dass er manches geschehen lässt, das wir kaum aushalten. Und wir nur beten können: “Herr, siehe, der den du lieb hast, liegt krank.”

Doch dann, Lazarus liegt schon vier Tage im Grab, geht Jesus hin. Er weckt ihn auf, nicht vom Schlaf, sondern vom Tod zum Leben. Keine Krankheit, keine böse Macht ist diesem Mann gewachsen. “Ich bin die Auferstehung und das Leben”: Seinen Worten folgen Taten, es geht nicht um Beschwichtigung und hohle Formeln, wie bei vielen falschen Friedensboten dieser Tage. Jesus schenkt neues Leben, ewige Freude, die weder Tod noch Teufel überwinden können.

Noch dröhnt der Kriegslärm, der Tod gewinnt Schlacht um Schlacht. Doch mitten im Kanonendonner erhebt sie sich, die Stimme des Lebens. Noch kaum hörbar, aber unwiderstehlich. Jesus kennt die Gewalt und den Tod, hat beides am eigenen Leib erfahren. “Ich bin die Auferstehung und das Leben:” Das ruft er uns nicht am sonnigen Sonntagnachmittag im Park zu, sondern auf den Schlachtfeldern von Mariupol und Odessa, in der zerbombten Geburtsklinik und in den Luftschutzbunkern von Kiew.

Ich bete, dass die Hartherzigen in Moskau umkehren von ihrem Weg, der so viel Tod und Leid mit sich bringt. Ich hoffe für das ukrainische Volk, dass es wieder Frieden und Freiheit erfährt. Und ich wünsche der Ukraine, dass sie aufersteht, dass ihre Menschen das Leben in Fülle haben, das Christus verspricht. Das sogar über den Tod hinausreicht. Es mag dauern, aber Jesus kann es tun.

Amen.

Simon Laufer

Der Text zur Andacht

Es lag aber einer krank, Lazarus aus Betanien, dem Dorf Marias und ihrer Schwester Marta. Maria aber war es, die den Herrn mit Salböl gesalbt und seine Füße mit ihrem Haar getrocknet hatte. Deren Bruder Lazarus war krank. Da sandten die Schwestern zu Jesus und ließen ihm sagen: Herr, siehe, der, den du lieb hast, liegt krank. Als Jesus das hörte, sprach er: Diese Krankheit ist nicht zum Tode, sondern zur Verherrlichung Gottes, dass der Sohn Gottes dadurch verherrlicht werde. Jesus aber hatte Marta lieb und ihre Schwester und Lazarus. Als er nun hörte, dass er krank war, blieb er noch zwei Tage an dem Ort, wo er war. Danach spricht er zu den Jüngern: Lasst uns wieder nach Judäa ziehen! Die Jünger aber sprachen zu ihm: Rabbi, eben noch wollten die Juden dich steinigen, und du willst wieder dorthin ziehen? Jesus antwortete: Hat nicht der Tag zwölf Stunden? Wer bei Tage umhergeht, der stößt sich nicht; denn er sieht das Licht dieser Welt. Wer aber bei Nacht umhergeht, der stößt sich; denn es ist kein Licht in ihm. Das sagte er, und danach spricht er zu ihnen: Lazarus, unser Freund, schläft, aber ich gehe hin, dass ich ihn aufwecke. Da sprachen die Jünger zu ihm: Herr, wenn er schläft, wird's besser mit ihm. Jesus aber sprach von seinem Tode; sie meinten aber, er rede von der Ruhe des Schlafs. Da sagte ihnen Jesus frei heraus: Lazarus ist gestorben; und ich bin froh um euretwillen, dass ich nicht da gewesen bin, auf dass ihr glaubt. Aber lasst uns zu ihm gehen! Da sprach Thomas, der Zwilling genannt wird, zu den andern Jüngern: Lasst uns mit ihm gehen, dass wir mit ihm sterben! Da kam Jesus und fand Lazarus schon vier Tage im Grabe liegen. Betanien aber war nahe bei Jerusalem, etwa fünfzehn Stadien entfernt. Viele Juden aber waren zu Marta und Maria gekommen, sie zu trösten wegen ihres Bruders. Als Marta nun hörte, dass Jesus kommt, ging sie ihm entgegen; Maria aber blieb im Haus sitzen. Da sprach Marta zu Jesus: Herr, wärst du hier gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben. Aber auch jetzt weiß ich: Was du bittest von Gott, das wird dir Gott geben. Jesus spricht zu ihr: Dein Bruder wird auferstehen. Marta spricht zu ihm: Ich weiß, dass er auferstehen wird bei der Auferstehung am Jüngsten Tage. Jesus spricht zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben. Glaubst du das? Sie spricht zu ihm: Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommt. Und als sie das gesagt hatte, ging sie hin und rief ihre Schwester Maria und sprach heimlich zu ihr: Der Meister ist da und ruft dich. Als Maria das hörte, stand sie eilends auf und kam zu ihm. Jesus aber war noch nicht in das Dorf gekommen, sondern war noch dort, wo ihm Marta begegnet war. Als die Juden, die bei ihr im Hause waren und sie trösteten, sahen, dass Maria eilends aufstand und hinausging, folgten sie ihr, weil sie dachten: Sie geht zum Grab, um dort zu weinen. Als nun Maria dahin kam, wo Jesus war, und sah ihn, fiel sie ihm zu Füßen und sprach zu ihm: Herr, wärst du hier gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben. Als Jesus sah, wie sie weinte und wie auch die Juden weinten, die mit ihr kamen, ergrimmte er im Geist und erbebte und sprach: Wo habt ihr ihn hingelegt? Sie sprachen zu ihm: Herr, komm und sieh! Und Jesus gingen die Augen über. Da sprachen die Juden: Siehe, wie hat er ihn so lieb gehabt! Einige aber unter ihnen sprachen: Er hat dem Blinden die Augen aufgetan; konnte er nicht auch machen, dass dieser nicht sterben musste? Da ergrimmte Jesus abermals und kommt zum Grab. Es war aber eine Höhle, und ein Stein lag davor. Jesus spricht: Hebt den Stein weg! Spricht zu ihm Marta, die Schwester des Verstorbenen: Herr, er stinkt schon; denn er liegt seit vier Tagen. Jesus spricht zu ihr: Habe ich dir nicht gesagt: Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen? Da hoben sie den Stein weg. Jesus aber hob seine Augen auf und sprach: Vater, ich danke dir, dass du mich erhört hast. Ich wusste, dass du mich allezeit hörst; aber um des Volkes willen, das umhersteht, sagte ich's, damit sie glauben, dass du mich gesandt hast. Als er das gesagt hatte, rief er mit lauter Stimme: Lazarus, komm heraus! Und der Verstorbene kam heraus, gebunden mit Grabtüchern an Füßen und Händen, und sein Gesicht war verhüllt mit einem Schweißtuch. Jesus spricht zu ihnen: Löst die Binden und lasst ihn gehen! Viele nun von den Juden, die zu Maria gekommen waren und sahen, was Jesus tat, glaubten an ihn.

Johannes 11

Der Autor

Simon Laufer ist Pastor in Iselersheim und Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit im Kirchenkreis Bremervörde-Zeven.