Startseite Archiv Tagesthema vom 05. Januar 2022

Landesbischof Ralf Meister wird 60

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Seit zehn Jahren steht Bischof Ralf Meister an der Spitze der größten evangelischen Landeskirche in Deutschland. Am 5. Januar wird er 60 Jahre alt. Besonders wichtig sind ihm die Bewahrung der Schöpfung und das Gespräch mit der jüngeren Generation.

Wenn er noch einmal ganz normaler Pastor sein könnte, da ist sich Ralf Meister sicher, dann wäre es irgendwo auf dem Dorf. „Vielleicht auf einer Insel oder ganz abgeschieden irgendwo im Solling“, erzählt der hannoversche Landesbischof, der am 5. Januar seinen 60. Geburtstag feiert. Dann würde er einfach für die Menschen da sein, die schon seit Jahrzehnten dort leben, sagt er. Mit ihnen den Alltag gestalten und ihnen vom Reich Gottes erzählen. „Und wenn ich dann einen großen Pfarrgarten hätte“, setzt Meister schelmisch hinzu, „dann würde ich dort endlich auch Schafe und Enten haben und nicht nur Hühner und Bienen.“

Die kleine Vision ist nur ein Gedankenspiel und doch typisch für den evangelischen Theologen, der seit mehr als zehn Jahren an der Spitze von Deutschlands größter Landeskirche steht. Die Begegnung mit Menschen ist sein Lebenselixier, die Predigt seine Leidenschaft. Und der Bewahrung der Schöpfung gilt seit Jahren sein ganz besonderes Interesse. Wenn Meister an der Schwelle zum neuen Lebensjahrzehnt auf Erlebtes und Erreichtes zurückblickt, dann nennt er mit als erstes seine Arbeit in der bundesweiten Kommission, die bis 2016 Kriterien für die Endlagerung von hochradioaktivem Atommüll entwickelte.

„Das hat mein schöpfungstheologisches Nachdenken sehr geschärft“, sagt Meister. „Vermutlich wäre ich sonst in der ganzen Frage der Klimakrise nicht so ungeduldig geworden.“ Weil die Zukunft der Schöpfung und der Blick der Jugend darauf für ihn zentrale Themen sind, holte der Bischof einmal zwei Schülerinnen von „Fridays for Future“ vor die Synode, um sie vor dem Kirchenparlament sprechen zu lassen. Ein bisschen stolz ist er auch darauf, dass es ihm und anderen gelang, Jugendliche sogar dauerhaft in der Synode mit einzubinden. Seit 2020 sind vier Jugendvertreter mit Sitz und Stimme dort fest verankert.

Gern blickt der verheiratete Vater dreier erwachsener Kinder auch auf ein paar andere Entscheidungen aus seiner Amtszeit zurück: „Es ist uns zum Beispiel enorm schnell gelungen, das Verhältnis der evangelischen Kirche zum Judentum noch einmal gründlich zu bedenken und in unsere Verfassung einzutragen.“ Das Judentum ist für den Theologen ein wichtiger Bezugspunkt. Er selbst hat eine Zeitlang in Jerusalem studiert, sprach sogar fließend Hebräisch. Noch immer hat er viele Freunde in Israel.

Und noch ein Thema bewegt den gebürtigen Hamburger im Rückblick: „Dass es uns mit großer Schnelligkeit gelungen ist, gleichgeschlechtliche Partnerschaften nicht nur zu segnen, sondern sie mit der Ehe gleich zu behandeln.“ Vor vier Jahren hatte Meister homosexuelle Menschen öffentlich um Entschuldigung für das Leid gebeten, das sie durch Diskriminierungen in der Kirche erlitten hätten.

Der passionierte Radfahrer und Film-Fan ist längst nicht nur im Norden, sondern auch auf überregionalem Parkett unterwegs. Vor drei Jahren wählte ihn die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) zu ihrem Leitenden Bischof. Damit gehört Meister bundesweit zu den führenden Vertretern der protestantischen Kirchen.

Dankbar blicke er darauf zurück, dass Niedersachsen und drei weitere norddeutsche Länder 2018 den Reformationstag am 31. Oktober zum arbeitsfreien gesetzlichen Feiertag erklärt hätten, betont der Bischof. Als Ko-Vorsitzender der „Meissen-Kommission“ der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist er zudem mitverantwortlich für das Gespräch der deutschen Protestanten mit der Anglikanischen Kirche von England.

An der Schwelle zum neuen Lebensjahrzehnt verändere sich so manche Perspektive, sagt Meister. Schon vor Jahren habe er begonnen, das Leben vom Ende her zu betrachten. „Die natürliche Annahme der Endlichkeit macht enorm gelassen“, sagt er. Und lächelt wieder schelmisch: „Es gibt einem auch eine Freiheit zur Frechheit. Wer viel erlebt hat, kann viele Dinge klar und ehrlich benennen, ohne sich vorher stundenlang in Diplomatie zu üben.“

Michael Grau/epd

Glückwunsche zum 60. Geburtstag

Ralf Meister stehe für eine Kirche, „die klar Stellung nimmt, die sowohl politisch als auch fromm ist, die missionarisch und diakonisch wirkt“, schreibt die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, in einem Glückwunschbrief. Kurschus dankte Meister für sein Engagement an vielen kirchlichen Stellen sowie für seinen Einsatz im jüdisch-christlichen Dialog: „Deine Leidenschaft, Deine Predigten, Dein messerscharfer Verstand, Deine Kunst zu formulieren und Phänomene auf den Punkt zu bringen, Dein Mut, gegen den Strom zu schwimmen, sind ein Segen für unsere Kirche“, betonte die Präses der westfälischen Kirche.

Für die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) erklärte die stellvertretende Leitende Bischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt, Meister verstehe es, zielorientierte Leitung mit theologischen Impulsen und „Klarheit in pointierten Positionierungen“ zu verbinden. Ihm gelinge es immer wieder, „die Geschichte von der Liebe Gottes zu den Menschen kunstvoll oder nüchtern, tröstlich oder ermutigend tagesaktuell ins Gespräch zu bringen“, schreibt die Landesbischöfin der Nordkirche. Dabei treffe er souverän den Ton und setze Themen: „Manchmal überraschend, aber stets auf den Punkt.“

Der Ratsvorsitzende der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachen, Bischof Thomas Adomeit (Oldenburg), betont in seinem Glückwunschschreiben das vielfältige Engagement Meisters innerhalb der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, als Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) und auch „über die Grenzen der eigenen Konfession, Region und Religion hinaus.“ Meisters „Sprachfähigkeit auf erkennbarem theologischen Fundament“ bringe die Kirche in ihrem Auftrag weiter, „Gottes Wort in die Welt zu bringen und Gehör zu finden“. Meister zeichne sein „Blick auf die Wirklichkeit“ und sein „Gespür für wichtige Themen des Lebens“ aus. Hier werde er oft zum „Ideengeber für andere“. Adomeit nennt als Beispiele u.a. ethische Fragenstellungen, den Klimaschutz und den Einsatz für die Integration von geflüchteten Menschen in Deutschland, aber auch im Libanon und in Syrien. Dabei beweise Meister nicht nur Haltung, sondern untermauere sie auch mit seinem Tun. „Diese Verbindung von dem, was Dich selbst trägt und dem, was als Anspruch dahintersteht, ist die glaubwürdige Übersetzung des Evangeliums in das Hier und Heute“, so Adomeit.
„Ich wünsche Dir die Freude und die Kraft aus dem Evangelium, noch viele Menschen mit Gottes guter Nachricht zu erreichen“, schreibt Adomeit.

epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen