Startseite Archiv Tagesthema vom 31. Oktober 2021

Reformationstag: Bischöfe mahnen Gerechtigkeit und Solidarität an

Die Predigten zum Reformationstag waren in diesem Jahr geprägt von Aufrufen, für Menschenwürde, Toleranz und Gerechtigkeit einzutreten. Die leitenden Theologen in Niedersachsen appellierten an die Menschen, fürsorglich miteinander umzugehen.

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Bischöfe und leitende Repräsentanten der evangelischen Kirchen in Niedersachsen und Bremen haben am Reformationstag an die Menschen appelliert, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, Brücken zu bauen und wertschätzend miteinander umzugehen. Die Geistlichen erinnerten daran, dass viele Menschen durch die Pandemie in Not geraten seien und Hilfe brauchten.

Der Oldenburger evangelische Bischof Thomas Adomeit und der katholische Weihbischof Wilfried Theising aus Vechta forderten auf der zentralen Veranstaltung der christlichen Kirchen im Oldenburger Land einen höheren Einsatz für Gerechtigkeit. Sie sei die größte Bedingung, unter der ein Leben im friedlichen Miteinander der Menschen und im Einklang mit Gottes Schöpfung gelingen könne, sagte Adomeit, der auch Ratsvorsitzender der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen ist, bei der ökumenischen Andacht in der Delmenhorster Stadtkirche. Theising unterstrich die besondere Bedeutung von Gerechtigkeit in der Corona-Pandemie. Es gehe beispielswiese um die Frage, ob medizinische und pflegende Berufe ausreichend Wertschätzung erführen, sagte Theising.

Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister nahm ebenfalls Bezug auf die Corona-Krise und warnte, die persönliche Freiheit selbstverständlich zu nehmen. In der Pandemie seien viele Freiheiten vorübergehend außer Kraft gesetzt gewesen, sagte Meister in einem Rundfunkgottesdienst, der aus der Stiftskirche des Klosters Loccum bei Nienburg übertragen wurde. „Das war sinnvoll und schmerzhaft zugleich. Erinnert sei nur an die eingeschränkten oder grundsätzlich verbotenen Besuche in Alten- und Pflegeheimen.“ Auch Martin Luther sei ein Freiheitskämpfer gewesen. Doch brauche die Freiheit eine Haltung und innere Verpflichtung, mahnte Meister. „Denn es gibt eine Freiheit zur Gewalt und zur Missachtung anderer Menschen genauso wie eine Freiheit zum Frieden und zur Solidarität mit anderen Menschen.“

Der braunschweigische Landesbischof Christoph Meyns bat die Menschen angesichts der andauernden Corona-Pandemie, Ruhe, Geduld und Gelassenheit zu wahren. Sie sollten im Bekanntenkreis Verschwörungstheoretikern und Coronaleugnern entgegentreten, Ängste vor Impfungen nehmen und sich so verhalten, dass Infektionsketten durchbrochen werden, sagte der evangelische Theologe im Braunschweiger Dom. So wie der Reformator Martin Luther Kritik geübt habe, so gebe es auch heute immer wieder Anlässe, das eigene Wort kritisch zu erheben, predigte Meyns und nannte als Beispiel die Situation der Flüchtlinge in den Lagern auf den griechischen Inseln und an der polnisch-belarussischen Grenze.

Bremens leitender evangelischer Theologe Bernd Kuschnerus verwies in einem ökumenischen Gottesdienst im Dom der Hansestadt auf die vorbehaltlose Liebe als zentralen Gedanken der Reformation. Wenn Menschen einander liebten, sei das weder Strafe noch Belohnung, „es ist einfach Liebe“, sagte Kuschnerus. „Die Entdeckung der Reformatoren ist: So ist das bei Gott.“ Beteiligt war an dem Gottesdienst unter anderen auch Bremens katholischer Propst Bernhard Stecker. Aus der reformierten Kirche in Bremen-Aumund übertrug die ARD einen vorab aufgezeichneten Fernsehgottesdienst. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob die Freiheit des Glaubens, wie sie Luther vor 500 Jahren proklamierte, in der heutigen Zeit noch wirkt.

In der Diskussion um Zugangsregeln in der Corona-Pandemie warb die evangelisch-reformierte Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden für „kreative Wege“ des Aufeinander-Zugehens. „Wir brauchen Liebe, die Brücken baut, die Menschen sagt: Komm rein, komm zurück“, predigte Bei der Wieden in einem ökumenischen Gottesdienst im ostfriesischen Westoverledingen bei Leer. „Wir brauchen den liebevollen Blick füreinander“, sagte die Kirchenpräsidentin.

Der schaumburg-lippische Landesbischof Karl-Hinrich Manzke appellierte an die Menschen, gnädig mit sich selbst zu sein und mit der eigenen Unvollkommenheit nachsichtig umzugehen. „Wir leben in Zeiten, in denen Fehler gnadenlos ans Licht gezerrt werden, es gibt einen teuflischen Druck, aus dem man sich bisweilen nur schwer befreien kann“, predigte Manzke in der Kirche in Bad Eilsen.

Am Reformationstag erinnern Protestanten in aller Welt an die Anfänge der evangelischen Kirche vor rund 500 Jahren. Die vom damaligen Augustinermönch Martin Luther (1483-1546) um den 31. Oktober 1517 von Wittenberg aus verbreiteten 95 Thesen gegen kirchliche Missstände wurden zum Ausgangspunkt einer Erneuerungsbewegung.

epd Niedersachsen/Bremen