Startseite Archiv Nachricht vom 09. August 2021

Spontane Brandhilfe in Griechenland

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Matthias Jung ist mit vier Ehrenamtlichen der evangelischen Jugend Hannover, allesamt Anfang 20, ins griechische Katerini gereist, rund 60 km von Thessaloniki entfernt. Sie arbeiten zwei Wochen lang an dem Bürgerprojekt „O topos mou“ (Mein Ort) mit. Nun sind sie Teil der Brandhilfe und unterstützen aus sicherer Entfernung die Menschen in Euböa.

Herr Dr. Jung, wie kommt es, dass Sie und Ihre Helfer Teil der Brandhilfe geworden sind?
Matthias Jung: „Wir waren bereits im letzten Jahr hier, um Solidaritätsarbeit zu leisten. 2019 habe ich das Projekt „O topos mou“ auf einer Studienreise kennengelernt und habe überlegt, einen Arbeitseinsatz mit deutschen Ehrenamtlichen zu begleiten. Die Kommunikation läuft super. Elias Tsolakidis, der Initiator und zwei weitere Mitarbeiter sprechen deutsch. So kamen wir 2020 zum ersten Mal nach Katerini. Ziel des Projekts ist es, mehr als 12.000 Medikamente zu sichten und die Sortierung zu überprüfen. Damit wird die soziale Apotheke der griechischen Bürgerinitiative ausgestattet und so können Griech*innen ohne soziale Absicherung im Raum Katerini versorgt werden. Das war auch eigentlich unser Plan in diesem Jahr. Die einheimischen Initiatoren sind sehr engagiert und helfen, wo Hilfe benötigt wird, und jetzt ist es notwendig, die Menschen in den Brandgebieten mit dem Nötigsten zu versorgen. So haben wir uns angeschlossen und unterstützen die Betroffenen in der Brandregion.“

Wie helfen sie konkret?
Matthias Jung: „Wir tun, was wir können aus knapp 300 Kilometer Entfernung. Das heißt konkret, Spenden sortieren und verpacken, sodass sie per Spedition auf die Halbinsel Euböa nördlich von Athen gebracht werden können. Die Menschen dort wurden in Notunterkünfte gebracht, dort fehlt es aber an allem, wie Windeln, Hygieneartikel und verpacktem Essen. Es sind hier knapp 40 Grad, das ist für uns eine echte Herausforderung, aber wir packen an und haben am Wochenende 7 Paletten in 9 Stunden geschafft.“ 

Wie nehmen Sie die Lage vor Ort wahr?
Matthias Jung: „Wir sind zwar relativ weit weg, aber wie spüren, wie bedrückend die Lage ist. Gerade durch die griechischen Helfenden hier vor Ort, das sind ca. 250 insgesamt, die immer mal wieder da sind, erleben wir die Nähe der Ausmaße. Die meisten haben Familie oder Freunde, die betroffen sind. Aber es ist auch beeindruckend zu sehen, wie alle anpacken und helfen. Es erinnert mich sehr an das Hochwasser in Deutschland.“

Wie  geht es Ihnen und den Helfenden?
Matthias Jung: „Es ist natürlich ein gutes Gefühl etwas zu tun. Auch wenn die Umstände entsprechend hart sind, ist die Stimmung nicht schlecht bei uns. Trotzdem ist es manchmal unwirklich, wie die Welten hier aufeinanderprallen. Auf der einen Seite helfen wir bei der Brandkatastrophe, auf der anderen Seite sind die Strände voller Touristen. Das ist schon irritierend.“

Was nehmen Sie mit aus diesem Einsatz?
Matthias Jung: „Für Jan, Charly, Nils und Corazon ist eine spannende Erweiterung ihrer ehrenamtlichen Arbeit. Sie sind junge Erwachsene, die Verantwortung übernehmen und ich hoffe, dass sie im nächsten Jahr vielleicht schon allein fahren können und neue Helfende anlernen. Es ist toll, dass sie die Möglichkeit haben, sich länderübergreifend zu engagieren und sich auch ein Stück weit als Botschafter des europäischen Zusammenlebens und der internationalen Hilfe sehen. Letztlich sind dies die Auswirkungen der Klimakrise und wir werden langfristig mit solchen Katastrophen lernen müssen umzugehen."

Interview: Wiebke Lampe/Themenraum

Matthias Jung

Dr. Matthias Jung ist Landessozialpfarrer und Leitender Referent für den Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt mit Schwerpunkt in der Wirtschaftsregion Hannover. Seine thematischen Schwerpunkte sind u.a. Klimaschutz, Transformation der Gesellschaft, Langzeitarveitslosigkeit, Care-Arbeit, Technik und Ethik.
Mehr zum Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt erfahren Sie über diesen Link.

Das erste Workcamp

Die Evangelische Jugend Hannover hat ihr Workcamp in Griechenland auch letztes Jahr schon unter besonderen Bedingungen erlebt - hier finden Sie den Bericht.