Die werdenden Mütter und Väter hätten gerade zu Beginn viele Fragen, sagt Uli Michel, Leiterin der Bethanien Sternenkinder Beratungsstelle im westfälischen Lengerich. Sie wollten wissen, wie die Krankheit sich entwickle, ob ihr Kind leide, wie lange es überlebe und wie es nach der Geburt weitergehen könne. "Ich führe mit ihnen so viele Gespräche wie sie benötigen, auch mit Geschwistern und Großeltern. Und ich gehe alle Wege mit."
Isa Groth betont, es gehe nicht darum, den Eltern Entscheidungen etwa für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch abzunehmen oder sie in eine Richtung zu beeinflussen. "Wir überlegen mit ihnen gemeinsam, wie das Leben für sie mit der einen oder anderen Entscheidung aussehen könnte." Groth ist Koordinatorin beim Kinderhospizstützpunkt Löwenherz in Braunschweig und bietet seit September 2020 zusätzlich eine vorgeburtliche Begleitung an. Sie sagt: "Die Diagnose, ein sterbenskrankes Kind zu erwarten, ist für die Familien wie ein Tornado, der ihnen alles wegreißt und nichts heile lässt."
Die Tochter von Sandra und Hennig Thiele kam mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte zur Welt. Emily habe stundenlang geschrien, kaum trinken können, erzählt Sandra Thiele. Ärzte und Schwestern hätten ihnen gesagt, sie sollten sie sterben lassen. "Aber Emily hat gekämpft", sagt die Mutter. Nach vier Tagen haben sie und ihr Mann sie mit nach Hause genommen, obwohl sie nicht wussten, wie sie Emily versorgen sollten. "Wir waren verzweifelt und hilflos."
Durch Zufall hatten die Thieles kurz zuvor vom Kinderhospizstützpunkt "Löwenherz" in Braunschweig erfahren. Sie riefen dort an und Koordinatorin Isa Groth kam sofort. Sie brachte Emily mit ihren Eltern als Notfall ins stationäre Kinderhospiz nach Syke. Damals plante Groth bereits das Angebot einer vorgeburtlichen Begleitung. "Isa hat uns Mut gemacht und wir waren nicht mehr allein", sagt Sandra Thiele.
Das Personal im Kinderhospiz, in dem Eltern mit unheilbar kranken Kindern für ein paar Wochen im Jahr eine Auszeit genießen können, nahm ihnen die Pflege ab. Die Fachkräfte erklärten den Umgang mit einem speziellen Sauger, damit Emily endlich trinken konnte, zeigten, wie sie Emily beruhigen konnten. Und sie vermittelten ihnen den Kontakt zu einer anderen betroffenen Familie. Isa Groth unterstützte sie danach noch ein paar Wochen lang.
Auch wenn Emilys Lebensweg irgendwann zu Ende geht, wird die ausgebildete Trauerbegleiterin da sein - falls Sandra und Henning Thiele sich das wünschen. Groth, Langanki und Michel stehen den Frauen und Familien im Sterbeprozess der Kinder, beim Abschiednehmen, bei der Vorbereitung der Trauerfeier und in den Monaten oder Jahren der Trauer beiseite.