Bremen (epd). Um die Bereitschaft zur Schutzimpfung gegen das Coronavirus unter Pflegekräften zu steigern, ist nach Auffassung des Bremer Pflegewissenschaftlers Stefan Görres vor allem Aufklärung nötig. "Aufklärung fehlt in allen Bereichen, es gibt eine große Angst vor Spätfolgen", sagte Görres am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Eine Impfpflicht für Pflegekräfte, wie sie der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ins Gespräch gebracht hat, lehnt Görres ab: "Es geht nur über Aufklärung und über Fakten." Für eine Impfpflicht fehle die gesetzliche Grundlage.
Görres sagte, zur Frage der Impfbereitschaft unter Pflegekräften gebe es noch keine belastbaren Daten, "aber eine Reihe von Einzelbeispielen, die sich häufen und zu einem Bild verdichten". Eine nennenswerte Zahl wolle sich offensichtlich nicht impfen lassen. Außerdem gebe es diesbezüglich wohl Unterschiede. In der Intensiv- und in der Akutpflege sei die Impfbereitschaft möglicherweise höher als in der Altenpflege.
Vermutungen, dass das am Bildungsstand in der Altenpflege liegen könnte, wie einzelne Politiker dies kommentieren, wies Görres als "unselig" zurück. "Wir brauchen jetzt maximale Aufklärung, am besten auf Augenhöhe, von Pflege zu Pflege", sagte der Wissenschaftler und betonte: "In dieser Situation wären Pflegekammern, die genau das leisten könnten, äußerst hilfreich." Da bestehe derzeit eine "echte Lücke", die Arbeitgeber oder Organisationen wie der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe oder der Deutsche Pflegerat nur unzureichend füllen könnten.
Gesundheitliche Vorbehalte und die große Zahl der zum jetzigen Zeitpunkt noch offenen Fragen wie die der Virus-Weitergabe nach einer Impfung müssen Görres zufolge ernst genommen werden. "Die Impfung greift in die Persönlichkeitsrechte ein, da kann man niemanden verpflichten", führte der Experte aus, der selbst ausgebildeter Krankenpfleger ist. Er sehe aber ein gewisses Dilemma zwischen Persönlichkeitsrechten und einem ethisch-professionellen Druck bei Pflegenden, sich impfen zu lassen: "Pflegefachpersonen müssen das stärker reflektieren als andere."
epd Niedersachsen/Bremen