Zehntausende User*innen feiern Ellen und Stefanie Radtke, wenn sie einen schlichten Wanderausflug machen, einen Drive-In-Gottesdienst besuchen und erst recht, wenn sie an ihrer Hausbar über Penislängen diskutieren. Dass ihr YouTube-Kanal „Anders Amen“ gerade junge Menschen auf der Suche nach einer kirchlichen Anlaufstelle derart zahlreich anziehen würde, hat die beiden queeren Pastorinnen überrascht, ebenso wie die Nominierung für den prestigeträchtigen „Smart Hero“-Award von Facebook. Die beiden Theologinnen planen nun zunächst die Babypause - und wollen dann mit noch mehr Wumms zurückkehren.
Ellen und Steffi, seit mehr als acht Monaten teilt ihr euer Leben auf dem YouTube-Kanal „Anders Amen“. Zwei lesbische Pastorinnen auf dem Dorf - das zieht: Die Abrufzahlen schießen durch die Decke, dazu kommen unglaublich viele Medienauftritte. Welches Zwischenfazit zieht ihr selbst?
Stefanie Radtke: "Unser anfängliches Ziel waren 1.000 Follower nach einem Jahr. Die hatten wir dann nach einer Woche. Dann wollten wir 5.000 nach sechs Monaten. Nun werden es wohl in neun Monaten 10.000. Wir haben jetzt immer wieder Einladungen oder kooperieren mit anderen, sehr reichweitenstarken Kanälen, etwa dem Y-Kollektiv oder erst kürzlich Tommy Toalingling. Dazu kamen Besuche bei NDR Talkshow, ARD Frühstücksbüffet, Domian im WDR. Das war schon alles ziemlich verrückt."
Ellen Radtke: "Inzwischen ist der schlimmste Hype vorbei. Anfangs mussten wir 14 Tage Urlaub nur für Pressetermine opfern und haben dafür auch einmal zwei Fernsehsendungen zugesagt, die zur gleichen Zeit stattfanden. Inzwischen holen wir uns noch mehr professionelle Beratung vom Evangelischen Kirchenfunk (ekn) und sagen auch mal Anfragen ab. Eines ist aber klar: Ohne Corona hätten wir lange nicht so viel Zeit für den Kanal gehabt - es gab einfach hier vor Ort in Eime deutlich weniger Gottesdienste und Veranstaltungen."