In Tobias Schmidts Gemeinde steppt der Bär. Der Pastor fängt die Predigt schon mal mit einem Witz an, der Kirchenchor singt „Knockin’ on Heaven’s Door“ und manchmal werden die Sänger – nicht nur in der Kirche – von einer Band begleitet, in der Schmidt Schlagzeug spielt. Die Mitglieder im Chor wechseln ständig, je nachdem, wer gerade in Afghanistan stationiert ist. Tobias Schmidt ist Bundeswehroffizier, seine Gemeinde im Feldlager Marmal in Masar-i-Scharif besteht nur auf Zeit. Für den Berufssoldaten gehört die Kirche selbstverständlich dazu. Im Auslandseinsatz und zu Hause in Holtland bei Leer.
Hier sitzt der Familienvater am Esstisch seines Einfamilienhauses, ein hübscher Neubau von 2015, innen wie außen überwiegend in weiß gehalten. Es gibt Biskuitrolle zum Kaffee. „Dank Corona haben wir gerade viel Zeit als Familie“, sagt er. Sohn Luca (12) sitzt dabei, sein jüngerer Bruder Leon (6) wuselt im Garten herum, Ehefrau Melanie ist auf dem Sprung zu einem Geburtstag.
Mitte März durfte der 41-Jährige kurzfristig die Heimreise aus Afghanistan antreten, die Monate davor hatte er im Camp verbracht, er war dort verantwortlich für die gesamte Logistik. Auch über die Weihnachtstage und den Jahreswechsel. „Das ist natürlich blöd, klar.“ Zu Weihnachten gab es ein festliches Essen, die große Party aber nicht. Maximal zwei Dosen Bier dürfen die Soldaten bei solchen Anlässen trinken. Viele ziehen sich zurück, um ihre Familien anzurufen. „Manche werden dann sentimental, da kullert auch mal ’ne Träne“, sagt Schmidt. Er selbst war online bei der Bescherung dabei. Wenn die Kinder in Deutschland die Geschenke auspacken, steht in Afghanistan die Nachtruhe bevor, dreieinhalb Stunden beträgt der Zeitunterschied im Winter.