Herr Wißmann, Sie sind Krankenhaus-Seelsorger, arbeiten also dort, wo definitiv Corona-Fälle auftreten. Gibt es überhaupt noch Situationen, in denen Sie keine Maske tragen?
Wißmann: „Ja, auf jeden Fall. Wenn wir uns zum Beispiel auf den Fluren bewegen oder ins Büro gehen, dann brauchen wir keine Maske. Wir achten aber natürlich auf den gebotenen Abstand – in den breiten Krankenhaus-Gängen ist das kein Problem.“
Manche Autozulieferer oder Kleidungshersteller haben ihre Produktion umgerüstet und produzieren nun Masken. Ist das aus Ihrer Sicht hilfreich?
Wißmann: „Auf jeden Fall. Für den Alltagsgebrauch reichen wie gesagt auch selbstgenähte Mund-Nasen-Schutze – niemand muss in den Baumarkt gehen und dort teure Masken kaufen. Das ist nach allem, was ich weiß, nicht sinnvoll.“
Ist es sinnvoll, sich einen Mundschutz selbst anzufertigen?
Wißmann: „Ja, auf jeden Fall, denn es gibt lokale Engpässe. Die vorhandenen Masken sollten denen zur Verfügung stehen, die sie wirklich brauchen, Pflegepersonal, Ärzt*innen, und so weiter. Weil die Masken knapp werden, werden sie teils unter Verschluss gehalten. Sie liegen also zum Beispiel auf der onkologischen Station nicht mehr frei aus, wie es sonst der Fall ist. Eigentlich sollen diese Masken nur einmal verwendet werden, aber manche legen sie in den Backofen und töten die Viren bei 80 Grad mit Hitze ab. Andere Leute schreiben ihren Namen hinein, um sie noch einmal zu benutzen.“
Spüren Sie eine Veränderung in Ihrer Arbeit?
Wißmann: „Ja, es ist ein skurriles Arbeiten derzeit. Es liegt mehr Misstrauen in der Luft – das ist gar nicht persönlich gemeint, sondern durch die Situation bedingt. Allein die Zweifel: ,Habe ich vielleicht Corona und stecke jemanden an? Oder hat mein Gegenüber es vielleicht?‘, oder: ,Falle ich dem Gesundheitssystem und der Familie jetzt zur Last?‘ – das sorgt für zu Verunsicherung. Ärzt*innen, Pfleger*innen und Seelsorger*innen genießen normalerweise das Vertrauen, das sie zum Helfen da sind. Das ist jetzt allein durch die Maske ein Stück weit erschüttert. Viele Kolleg*innen nehmen deshalb beim Eintreten in ein Zimmer kurz die Maske ab, sagen mit einem ausdrücklichen Lächeln Hallo und setzen sie dann wieder auf, bevor sie ans Krankenbett treten. Das macht viel aus. Ebenso in den Pausen: Es ist eine Freude, zum Beispiel in der Mensa den Mundschutz abnehmen und sich frei anlächeln und unterhalten zu können.“