Startseite Archiv Tagesthema vom 28. Februar 2020

"Wir haben mit dem betreuten Wohnen das große Los gezogen"

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„Wir haben in den Glückstopf gegriffen!“ Helga Blessmann strahlt über das ganze Gesicht. „Wir sind hier im Haus so gut aufgenommen worden, unsere Kinder wohnen nahe bei uns und die Leute vom Pflegedienst sind sehr lieb. Es ist alles gut.“ Mit „hier“ meint sie die kleine, freundliche, behindertengerechte Wohnung, bestehend aus Schlafzimmer, Bad und Wohnzimmer mit offener Küche, die sie und ihr Mann nun ihr Reich nennen. Es ist eine der 125 Wohnungen in einem großen Altbau, deren Bewohner*innen die Johanniter betreuen. Die Wohnungen lassen Platz für individuelle Einrichtung: Schränke und Sessel stammen aus dem alten zu Hause der Blessmanns, die Regale zieren dutzende Fotos ihrer Familie. Ein Notruf-Knopf ist unauffällig neben der Heizung montiert. Erst auf dem Flur sieht es nach Seniorenheim aus: ein langer Gang mit etwa einem Dutzend Türen; Rollatoren und Rollstühle stehen verstreut an den Wänden. „Uns geht es hier wunderbar, wir haben das große Los gezogen“, sagt auch Helmuth Blessmann zufrieden.

Dass die beiden heute so munter und weitgehend selbstständig in ihrer kleinen Wohnung in Hannover-Bothfeld wohnen können, hätten sie vor einigem Monaten noch nicht gedacht. Im Januar 2019 hatten sie einen Autounfall, der vieles veränderte. „Es gab Blitzeis“, erinnert sich Helmuth Blessmann, „ich kannte die Strecke zwar und war langsamer gefahren, aber plötzlich hatte ich keine Kontrolle mehr über den Wagen.“ Er kam mit einigen Prellungen davon, seine Frau brach sich jedoch einen Halswirbel. Krankenhaus, Reha, Tagespflege – von einem Tag auf den anderen war alles anders. Plötzlich waren sie auf fremde Hilfe angewiesen. „Es ging uns sehr schlecht“, sagt die heute 72-Jährige. „Wir haben das Drama mit dem Fachkräftemangel und dem Zeitdruck direkt erlebt. Die Pflegebedürftigen wurden teilweise abgefertigt wie Ware oder ausgeschimpft, wenn sie etwas angeblich falsch machten. Wir haben drei Kreuze gemacht, als wir vor einem Jahr hierher kamen.“

Jetzt nehmen Helga und Helmuth Blessmann gern an den angebotenen Veranstaltungen im Haus teil – ob Faschingsfeier oder plattdeutscher Nachmittag. Die Wohnung haben die beiden Töchter organisiert. „Wir kamen her und sie hatten schon alles aufgebaut und sogar die Teller eingeräumt. Jetzt rufen sie jeden Tag an und kommen zwei- oder dreimal in der Woche auch vorbei, kaufen für uns ein, putzen und waschen Wäsche – da sind wir wirklich dankbar für!“, erklärt Helga Blessmann.

Auch wenn die Kinder unterstützen, wo sie können und sich Helga und Helmuth Blessmann auch gegenseitig pflegen – morgens kommt eine Pflegedienstmitarbeiterin, hilft ihnen beim Waschen und Anziehen. „Das war eine große Überwindung, sich von jemandem komplett fremden, oft auch einem jungen Menschen auch im Intimbereich waschen zu lassen“, erzählt Helmuth Blessmann. „Da hilft es, wenn der oder die Pflegerin freundlich ist, dann gewöhnt man sich daran. Anfangs schämt man sich aber.“ „Ich ziehe wirklich den Hut von den Pflegern und Pflegerinnen“, bekräftigt Helga Blessmann. „Was die leisten, ist Wahnsinn.“ Sie hoffen, dass sie noch einige Zeit in dem Haus für betreutes Wohnen bleiben können.

Christine Warnecke

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