Eine der spektakulärsten und deshalb bekanntesten Heilungen im Neuen Testament steht im Markusevangelium in Kapitel 2. Dort wird berichtet, wie ein halbseitig Gelähmter von seinen Freunden zu Jesus gebracht wird, damit der den Gelähmten heilt. Sie haben allerdings Schwierigkeiten zu Jesus vorzudringen.
Zu viele Menschen wollen zu Jesus. So kommen sie auf die Idee, samt Trage auf das Dach des Hauses zu klettern, in dem Jesus ist, das Dach über Jesus aufzubrechen und den Gelähmten so zu Jesus herunterzulassen.
Als nun Jesus ihren Glauben sah, sprach er zu dem Gelähmten: Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben (Vers 5). Was der Gelähmte bei diesen Worten empfindet, oder was die Freunde auf dem Dach dabei denken, wird nicht berichtet. Berichtet wird, dass die Schiftgelehrten sich daran stören, dass Jesus offenbar von sich selbst denkt, er könne Sünden vergeben. Als Zeichen dafür, dass Jesus das tatsächlich kann, heilt er den Gelähmten. Und er stand auf, nahm sein Bett und ging alsbald hinaus vor aller Augen (Vers 12).
Max Dorner hat über diese Passage geschrieben, das Szenario erinnere ihn an eine Chefarzt-Visite, bei der es nicht um den Kranken, sondern um den Chefarzt gehe. Das stimmt. Zuallererst erzählt uns diese Geschichte von Jesus, nämlich dass er Sünden vergeben kann. Ich kann verstehen, wenn Kranke und Behinderte sich über diese Schwerpunktsetzung des Evangelisten Markus wundern. Aber wenn ich diese Irritation überwunden habe, entdecke ich in dieser Erzählung den Paradetext dafür, dass es keinen Kausalzusammenhang zwischen Krankheit und Sünde gibt. Jesus wird im wörtlichen Sinne ein Gelähmter vor die Nase gehalten. Und Jesus bietet ihm das, was nötig ist: Er vergibt ihm seine Sünden.