Nach der Freilassung der Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete aus ihrem Hausarrest in Italien mischen sich Erleichterung und Forderungen nach einem Ende der Strafverfolgung ziviler Seenotretter. "Ich hoffe, dass die Vorwürfe gegen Frau Rackete nun rasch in den dafür vorgesehenen Verfahren geklärt werden", sagte Außenminister Heiko Maas (SPD). Rackete erklärte in einer ersten Reaktion, die die Hilfsorganisation Sea-Watch im Kurznachrichtendienst Twitter verbreitete, die Entscheidung der italienischen Richterin vom Dienstagabend sei ein Sieg für die Solidarität mit allen Menschen auf der Flucht und gegen die Kriminalisierung von Helferinnen und Helfern in vielen Ländern Europas.
Die 31-jährige deutsche Kapitänin war am Samstag festgenommen und unter Hausarrest gestellt worden, weil sie die "Sea-Watch 3" mit 40 Flüchtlingen an Bord unerlaubt in den Hafen der Insel Lampedusa gesteuert hatte. Nach Angaben von Sea-Watch betonte die Richterin, dass der Entschluss Racketes notwendig war, den Hafen von Lampedusa als nächsten sicheren Ort anzulaufen. Libyen und Tunesien könnten nicht als sichere Ziele angesehen werden. Vorerst darf Rackete Italien weiterhin nicht verlassen, da sie am Dienstag wegen des Vorwurfs der Begünstigung der illegalen Einwanderung in Agrigent vor Gericht erscheinen muss. Dafür drohen ihr bis zu fünf Jahre Haft.
Der italienische Innenminister Matteo Salvini reagierte empört auf die Entscheidung des Untersuchungsgerichts. "Für die italienische Justiz ist es offenbar kein Grund ins Gefängnis zu gehen, wenn man die Gesetze ignoriert und ein Boot der Finanzpolizei rammt", erklärte er am Dienstagabend in einem Facebook-Video. Er schäme sich für diejenigen, die zuließen, dass der erstbeste Ausländer in Italien gegen Gesetze verstoße und das Leben von Soldaten gefährde, die ihre Arbeit täten.