Startseite Archiv Tagesthema vom 21. März 2019

„Sie gaben mir nichts, sie hatten ja auch nichts. Aber sie teilten, was sie hatten!“

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Michael Thiel vom Evangelisch-luhterischen Missionswerk Niedersachsen (ELM) besuchte Flüchtlinge in der Provinz Gambella in West-Äthiopien

Unter dem Terebinthenbaum saßen wir mit vielen Vertretern und Vertreterinnen des Dorfes Opanya in der Region Gambella im Westen Äthiopiens. Den ganzen Tag hatten die Menschen schon auf uns gewartet. Wir waren da noch auf der Schotterpiste unterwegs. 
Wir Besuche*innen und Mitarbeitende der Diakonieabteilung der Kirche nehmen auf den Stühlen Platz, die Besuchten weitgehend auf der Erde. Auf einem langen Rohr sitzen 20-30 Kinder und staunen. Sie sind die ganze Zeit ganz still.

In diesem Dorf nahe der südsudanesischen Grenze kamen schon vor Jahren die ersten Geflüchteten an. Ein junger Mann erzählt: „Sie gaben mir nichts, sie hatten ja auch nichts. Aber sie teilten, was sie hatten!“ Ich wurde spontan an die Speisung der 5.000 erinnert: „Sie brachten, was sie hatten und am Ende reichte es für alle.“

Die äthiopische Partnerkirche hat in dem Dorf schon lange eine Gemeinde. Sie unterstützt die Menschen, indem sie Saatgut besorgt, um neue Gemüsesorten wie Tomaten auszuprobieren und die Kinder der Geflüchteten mit Schulmaterial versorgt. Nach der Registrierung kommen sie in aller Regel in ein Lager der Vereinten Nationen. Einige bleiben in der abgelegenen Grenzregion hängen. Ein Friedensprogramm unserer Partnerkirche hilft Menschen, aufeinander zu hören, füreinander einzustehen und übereinander gut zu reden. Sehr einfach, aber offensichtlich sehr wirkungsvoll.

Da sitzen sie unter der Terebinthe. Männer und Frauen, Kinder. Nach den Höflichkeiten beginnen sie zu erzählen, von ihren Erfahrungen und ihrem Leben. 

Schon morgens hatten wir über ein sehr einfaches, aber gutes Projekt gegen die Frühverheiratung gesprochen. 60 Frauen bieten Schutzräume für junge Mädchen an. Das gelingt und wird respektiert. Männer lernen, dass eine gebildete Frau ihnen am Ende viel mehr bedeuten kann als ein junges Mädchen.

Die Sonne steht schon tief, als wir uns die staubige Piste entlang wieder auf den Weg machen. Natürlich nehmen wir noch eine junge Frau mit ihrem Kind und dem Gepäck mit. Typisch Afrika denke ich, aber was habe ich von diesem großen Kontinent schon gesehen? 

Auf jeden Fall genug, um zu sagen: „Ja, es lohnt sich, dass wir uns an diesem und anderen Orten engagieren!“ Damit viele Menschen selbstbestimmt leben und etwas weitergeben können. 

Michael Thiel, Direktor des Ev.-luth. Missionswerks Niedersachsen (ELM)

Der Autor

Michael Thiel ist Direktor des Evangelisch-lutherischen Missionswerk in Niedersachsen (ELM). 

Friedenssicherung in Gambella/ Äthiopien

Die Provinz Gambella in Ätiopien, ungefähr so groß wie Mecklenburg-Vorpommern, ist mit etwas mehr als 400.000 Menschen dünn besiedelt, aber sehr fruchtbar. Die gleiche Anzahl an Bürgerkriegsflüchtlingen aus dem Süd Sudan ist innerhalb weniger Jahre hinzugekommen. Immer wieder eskaliert die Gewalt zwischen den verschiedenen Ethnien. Es geht um den Zugang zu Wasser, Weideland und Getreidemühlen. Die Ethiopian Evangelical Church Mekane Yesus, Partner des ELM, vermittelt zwischen den Konfliktparteien, bietet spezielle Do-No-Harm-Trainings an. Außerdem erhalten zirka 1.600 Familien Saatgut und Ziegen sowie eine Schulung im Gemüseanbau und der Vermarktung ihrer Produkte, um sich eine neue Existenz aufzubauen. Ziel ist es, eine gemeinsame Kooperative zu gründen.