Startseite Archiv Tagesthema vom 25. Oktober 2018

„Andacht kommt von Denken“

Die vollständige Darstellung von Archivmeldungen befindet sich noch im Aufbau. Schauen Sie in Kürze noch mal vorbei!

Gespräch mit der Architektin Gesche Grabenhorst zum Jugendandachtspreis der Landeskirche

Noch bis zum 31. Oktober haben Jugendliche Zeit, sich mit ihren Andachten um den Jugendandachtspreis zu bewerben. Vorgegeben wird nur der Bibelvers, der über eine Abstimmung bei Instagram ermittelt wurde: „Wo der Geist Gottes ist, da ist Freiheit.“ (2. Korinther 3,17). 

Ziel ist es, die Sprachfähigkeit von Schülerinnen und Schülern hinsichtlich ihrer Rede von Gott zu fördern und einzuladen, eine eigene Sprache zu entdecken. Zugleich versteht sich der Wettbewerb als eine Würdigung der kreativen und vielfältigen Andachten, die Jugendliche etwa im Rahmen der Jugend- und Konfirmandenarbeit überall in der Landeskirche gestalten. 

Ein besonderes Highlight gibt es in diesem Jahr für alle Teilnehmenden aus evangelischen Jugendgruppen. Die Preisträgerin oder der Preisträger haben die Möglichkeit, eine Neugestaltung des Jugendraumes zu gewinnen. Gemeinsam mit einer Innenarchitektin bekommen die Jugendlichen die Möglichkeit, den Raum nach ihren Vorstellungen umzubauen und zu gestalten.

Professor Grabenhorst ist Architektin aus Bielefeld und wird bei der Neugestaltung des Jugendraums dabei sein. Außerdem sitzt sie Teil der Jury des diesjährigen Jugendandachtspreises. Im Interview erzählt sie, warum sie dabei ist.

Sie lehren als Professorin in Bielefeld. Wie ist es zu Ihrem Engagement als Jurorin für die Hannoversche Landeskirche gekommen?

Gesche Grabenhorst: Über persönliche Empfehlungen und mehrfacher Veröffentlichungen unserer kirchlichen Bauprojekte in verschiedenen Publikationen ist Herr Burfien auf unser Büro aufmerksam geworden und hat angefragt, ob Interesse an einer Jurorentätigkeit für diesen besonderen Wettbewerb besteht. Über die Jahre haben wir aufgrund der regelmäßigen Beschäftigung mit Bauprojekten für Kirchen und ihre Gemeinden eine breite Kompetenz aufbauen können und durch Projekte wie zum Beispiel den Umbau der Christuskirche in ein Internationales Chorzentrum oder der Realisierung der entwidmeten Gustav-Adolf-Kirche in ein Gemeindezentrum für die Liberal Jüdische Gemeinde Hannover ein Wissensspektrum angeeignet, das über den reinen „Raum für das Beten“ hinausgeht. Die verschiedenen Facetten eines Gebäudes (ob für die Kirche oder andere Bauherrinnen) gilt es für jedes Projekt neu für den jeweiligen Ort und den Inhalt adäquat zusammenzufassen und in einer ganzheitlichen Architektur auszudrücken. Eine besondere Würdigung dieser Herangehensweise war beispielsweise die Honorierung des  Gemeindezentrums der Liberal Jüdischen Gemeinde in Hannover mit dem Niedersächsischen Staatspreis.

Nach welchen Kriterien bewerten Sie und Ihre elf Jury-Kollegen die Andachten?

Gesche Grabenhorst:  Das Wort „Andacht“ hat sich aus dem Wort „denken“ entwickelt und beschreibt unsere innere Auseinandersetzung mit einem Thema – sehr persönlich, emotional und individuell beschreibt sie unsere Gedanken und öffnet sie für jeweils eigene Interpretationen. Meinerseits steht eine große Neugierde auf die Antworten im Raum. In Anbetracht der Offenheit der Möglichkeiten bin ich auf vielfältige und überraschende Andachten gespannt. Eine Jury sucht die besten Antworten der Andachten zu dem gestellten Thema „Wo der Geist Gottes ist, da ist Freiheit“ 2. Korinther 3,17 heraus – Authentizität, Aktualität und die Übersetzung in die heutige Zeit sind wichtige Kriterien um die Kreativität der Jugendlichen zu beurteilen.

Ihr Engagement ist nicht nur auf die Tätigkeit als Jurorin begrenzt. Im Anschluss an den Wettbewerb werden Sie auch architektonisch tätig. Was passiert dann genau?

Gesche Grabenhorst: Im Anschluss an den Wettbewerb wird in Zusammenarbeit mit den Jugendlichen ein Konzept zur Umgestaltung ihres Jugendraumes konzipiert, erarbeitet und übersetzt.

Im Zusammenhang des Slogans „Ein Raum für dein Wort“ wird ein spannender, lebenswerter Ort entstehen, in dem sich Jugendliche gerne aufhalten. Kern der Umgestaltung ist die Andacht, also das gesprochene Wort, in ein Bild zu übersetzen – einen Raum – und ihm eine besondere Identität zu verleihen. Der Spannungsbogen aus der Freiheit der Aufgabe und dem Ergebnis der architektonischen Konzeption ist sehr groß. Im besten Fall überrascht das finale Ergebnis mit einer jungen, gut gestalteten Architektur. Idealerweise entstehen neue Konzepte für Jugendräume und schaffen einen eigenen Lebensraum innerhalb der Kirche.

Worauf muss man als Architekt/in bei der Gestaltung von Andachtsräumen – besonders von Jugendandachtsräumen – achten?

Gesche Grabenhorst: Im Mittelpunkt jeder Planung steht vor allem das Wohlfühlen. Generell ist eine flexible Raumaufteilung bei der Gestaltung von Jugendandachtsräumen von Vorteil, da sie auf ein breit gefächertes Anforderungsprofil reagieren kann. Das Format dieses Wettbewerbs ist dabei eine einmalige Chance unkonventionelle Lösungen zu denken und auszuprobieren.

Ganz praktisch gesehen: Was können Jugendgruppen selbst tun, um ihre Räume zu gestalten? Welche Tipps haben Sie und wovor warnen Sie dabei?

Gesche Grabenhorst: Oftmals sind Räume durch die Möblierungen mehrerer Jahresringe überfüllt. Daher tut es manchmal gut den Raum gemeinsam leer zu räumen – dies ist einerseits eine Gruppenaktivität und stärkt die Dynamik, andererseits stellt sich die Frage, welche Funktionen der Raum erfüllen muss und wie eine passgenaue Übersetzung aussehen kann.

Ludwig Mies van der Rohes „LESS IS MORE“ zeigt ein Schaffensprinzip, dass mit wenigen richtigen Eingriffen die Atmosphäre in den Vordergrund stellt.

Proportionen und Eigenschaften eines Raumes werden neu gesehen, eine Architektur in angemessener Form konzipiert und der Raum mit neuem Charakter gefüllt.

Interview: Stefan Korinth

RÜCKBLICK AUF DEN JUGENDANDACHTSPREIS 2016

Reinhören!

Der Evangelische Kirchenfunk Niedersachsen-Bremen hat mit zwei Schülerinnen über ihre Teilnahme beim Jugendandachtspreis gesprochen - spannendes Interview!