Der Probenraum ist vergittert. Um ein Klavier in der Nische einer Sporthalle stehen fünf breitschultrige Männer. Die Münder sind kaum geöffnet, da schallt der Gospel-Klassiker "Amazing Grace" gegen die Betonwände und füllt den großen Raum. In der Justizvollzugsanstalt in Wolfenbüttel probt jede Woche ein besonderer Männer-Chor: Jeder Sänger ist Gefängnisinsasse und sitzt wegen einer mehr oder minder schweren Straftat in Haft.
So wie der 38-jährige Harry, der wegen Körperverletzung mit Todesfolge eine mehr als zehnjährige Haftstrafe verbüßt. "Singen ist für mich ein Hauch von Freiheit", sagt der großgebaute Mann mit zahlreichen Tattoos am Arm. Ein Mithäftling hatte ihn vor einem halben Jahr gefragt, ob er mitmachen möchte. "Vorher habe ich gar nicht gesungen." Jetzt ist die Musik für ihn ein Weg geworden, um den Anstaltsalltag für ein paar Stunden zu vergessen.