Startseite Archiv Tagesthema vom 12. Juli 2018

Sommerlektüre (Teil 2)

Die vollständige Darstellung von Archivmeldungen befindet sich noch im Aufbau. Schauen Sie in Kürze noch mal vorbei!

Die Redaktion des Themenraums hat sich Sorgen gemacht, ob Sie schon die richtige Lektüre für den Sommer 2018 gefunden haben ... Deshalb stellen wir Ihnen in zwei Folgen einige unserer Lieblingsbücher vor und wünschen Ihnen eine angenehme Lesezeit!

Ausgesucht und beschrieben von Meret Köhne

Das „Polackenkind“ wird Vera genannt, die 1945 als Flüchtlingskind mit ihrer Mutter aus Ostpreußen auf den Hof im Alten Land ankam. Dieses Gefühl, nicht willkommen zu sein in dem alten Bauernhaus mit knarzenden Balken und renovierungsbedürftigen Fenstern, wird Vera im Laufe ihres Lebens nicht los. Trotzdem kann sie nicht weg. Irgendetwas fesselt sie an diesen Ort.

Sechzig Jahre später steht plötzlich ihre Nichte Anne von der Tür. Sie ist mit ihrem kleinen Sohn aus Hamburg-Ottensen geflohen, wo „ehrgeizige Vollwert-Eltern ihre Kinder wie Preispokale durch die Straßen tragen“ – und wo Annes unverheirateter Schriftsteller-Freund nun eine Andere vögelt.

Kurzerhand lädt Anne ihren Sohn mitsamt Regenhose und Kaninchen-Käfig in den alten Mercedes und flieht ins Alte Land, in das kalte Reetdach-Haus, wo Tante Vera mit ihren Bluthunden wohnt, zu Pferd auf die Jagd geht und frische Rehwürste durch den Fleischwolf dreht. Die anderen Dorfbewohner kann sie nicht leiden. Sie ist sich selbst genug.

Vor irgendetwas fliehen alle Figuren in diesem Roman. Seien es die Nachbarn oder falschen Freunde; Sei es die Vergangenheit, die grausamen Bilder im Kopf von erfrorenen Babys am Wegesrand, von unzähligen baumelnden Selbstmördern in den polnischen Wäldern, die einen nicht schlafen lassen; Seien es die Szene-Viertel Hamburgs, eine Café-Latte-Welt mit Maxicosis und pädagogisch-wertvollen Kitaplätze.

Mit einem knallhart realistischen Blick und trockenem Humor erzählt Dörte Hansen die Geschichte von zwei Einzelgängerinnen, die im Alten Land das finden, was sie nie gesucht haben: eine Familie. 

Dörte Hansen. Altes Land. Albrecht Knaus Verlag, 2015, ISBN 978-3813506471.

Ausgesucht und beschrieben von Angelique Bohn

Erdhörnchen Habbi kennt von der Außenwelt kaum etwas - außer den Futterwege und den gruseligen Geschichten über Wölfe und Kojoten. Bis zu dem Tag, an dem er einen Geröllhaufen hinunterstürzt - und auf einem Wolf landet. Doch statt ihn zum Mittagessen zu verspeisen, schaut der Wolf ihn nur schwach an. Habbi flieht, flüchtet sich zurück in den Schutz seines Baus und die Wärme seiner Geschwister. Aber dass der Wolf ihn nicht angegriffen hat, lässt ihn nicht los. Immer und immer wieder denkt er über das Bild nach. Bis ihm einfällt, dass der graue Fellklumpen einen Haufen Steine auf dem Bein hatte und gefangen war. Jemand muss ihm helfen. Und Habbi kommt der Gedanke, dass er derjenige sein muss, der den Wolf rettet.

Er wuchtet die Steine einzeln vom Bein des Wolfs und versorgt ihn nun täglich mit Futter. Aber der Wolf will eigentlich nur eins: sterben. Denn ein Wolf auf drei Beinen sei nichts wert. Aber Habbis unerbittlicher Mut und sein Kampfgeist beeindrucken Wolf Yaruk und sie werden Freunde - allen Vorurteilen zum Trotz. Bis Habbis Bruder das Geheimnis entdeckt und die Freundschaft auf eine harte Probe gestellt wird.

Ein Kinderbuch mit einer einfachen, aber detailverliebt ausgemalten Geschichte über Freundschaft, Vorurteile und verschiedene Lebenswelten. Themen wie Sterben oder Ausgrenzung werden nicht ausgeblendet, sondern ehrlich, aber kindgerecht thematisiert. Ein Buch nicht nur für Kinder - auch Erwachsene können von Kapitel zu Kapitel mitfiebern und erkennen sich selbst und ihre oft schon festgefahrene Haltung in manchen Charakteren wieder. Die humorvollen Zeichnungen von Barbara Scholz geben dem Buch einen besonderen Charme, denn sie allein sind schon kleine Geschichten für sich.

Ein Kinderbuch mal ganz ohne Elfen, Feen, Einhörner und Glitzerstaub! Lesens- und sehenswert!

Oliver Scherz. Ein Freund wie kein anderer. Thienemann Verlag, 2018, ISBN 3522184572

Ausgesucht und beschrieben von Pernilla Wendt

Eine Geschichte über eine Mutter, die gespürt hat, dass ihre Tochter nicht glücklich ist und eine Tochter, die ihr Leben neu gestaltet, um ihre Träume zu verwirklichen. 

Im Mittelpunkt dieses Bestsellers von Lori Nelson Spielman steht Brett Bohlinger, eine 34-jährige Frau, die in Chicago lebt und ihr Leben voll im Griff hat. Zumindest denkt sie das. Denn als ihre Mutter Elizabeth an Krebs stirbt, stellt diese Bretts Leben gewaltig auf den Kopf. Sie hinterlässt ihr eine Liste mit Lebenszielen, die Brett mit vierzehn einmal notiert und dann vergessen hatte. Und nur wenn es Brett gelingt, die noch offenen Ziele auf der Liste innerhalb eines Jahres zu erreichen, wird sie ihr Erbe antreten dürfen.

Der Beginn einer humorvollen Berg- und Talfahrt der Gefühle, denn Brett muss ihr Leben komplett neu in die Hand nehmen: einen Hund anschaffen, ein Pferd und ein Haus kaufen, sich in den Richtigen verlieben, ein Kind bekommen, bedürftigen Menschen helfen, auf einer großen Bühne auftreten, eine gute Lehrerin werden und Frieden mit ihrem Vater schließen – was sich als sehr kompliziert erweist, denn Brett ist längst nicht mehr dieselbe wie damals.

Ein schöner emotionaler Roman, der zum Nachdenken anregt, aber auch viele Stellen zum Schmunzeln bereithält – meine Empfehlung für den Sommer. 

Lori Nelson Spielman. Morgen kommt ein neuer Himmel. S. Fischer Verlag, 2014, ISBN 978-3-596-19635-7.

Buchempfehlung von Landesbischof Ralf Meister

"Und dann stand einer auf und öffnet das Fenster" von Susann Pásztor 

"Es ist die Geschichte einer Sterbenden, die von einem Sterbebegleiter, Fred, als dessen erster Fall begleitet wird. Dabei entspinnen sich Geschichten, die in der ganzen Traurigkeit des Abschieds hoffnungsvoll und leicht sind. Der Sohn von Fred, Phil, 13 Jahre alt, ist ein junger Wortkünstler. Er sammelt in seinem, wie er es nennt „Wörterkrankenhaus“, Wörter, die in ihrer Bedeutung missbraucht oder unbrauchbar geworden sind. Dort, in diesem Wörterkrankenhaus gibt es eine Quarantänestation, in der Wörter lagern, die eventuell wieder in Gebrauch genommen werden könnten. Mit neuer oder einer belebten alten Bedeutung. Die ersten beiden Wörter, die dort lagern, sind die Worte Gott und Ferienlager. Hat die Autorin mit dieser kleinen Szene nicht die Aufgabe der Theologen beschrieben, in einer Welt, die mit dem Wort Gott redlich wenig anzufangen weiß? Deshalb brauche ich Literatur." 

Landesbischof Ralf Meister im Bischofsbericht vor der Landessynode am 31.05.2018

Hörfunk-Magazin

In ihrem ffn-Magazin haben die Kollegen des Evangelischen Kirchenfunks sich mit dem Thema Literatur auseinandergesetzt.

Sie haben paar Lesetipps für die Hörer, unter anderem das Wimmelbuch der Klosterkammer Hannover. Da können kleine und große Menchen eine Menge über das Klosterleben heute erfahren - und dabei noch viel Spaß beim Suchen haben. Sie waren mit dem Asphalt-Verkäufer Tom Velten auf Celles Straßen unterwegs. Er hat ein Buch über seine Erfahrungen als Wohnungsloser geschrieben. 

Außerdem stellen sie Susann Pásztor vor. Sie hat den Evangelischen Buchpreis 2018 bekommen für ihren Roman über Sterbebegleitung, der mit viel Humor Lust aufs Leben weckt. Und natürlich vergessen sie auch nicht das „Buch der Bücher“: die Bibel. Im Magazin werden ein paar ganz ungewöhnlichen Versionen vorgestellt, von der Comic-Bibel bis zur Trucker-Bibel. Und last but not least: Über die Vielschreiberin Margot Käßmann haben nun viele ihrer Fans geschrieben – das Magazin gibt einen Einblick in das Buch „Eine Frau mit Zivilcourage und Zuversicht – Begegnungen mit Margot Käßmann“.

Reinhören!