Startseite Archiv Tagesthema vom 04. Juli 2018

Die gute Seele der Herberge

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Hauswirtschafterin Gabi Pape gehört zu den dienstältesten Angestellten im Geistlichen Zentrum Kloster Bursfelde

Für andere ist es eine Belastung, wenn sie zusätzlich für Kollegen einspringen müssen. Für Gabi Pape gibt es nichts Schöneres. „Ich würde am liebsten das ganze Jahr lang Herbergsmama sein“, sagt die gebürtige Thüringerin begeistert. Pape ist in dieser Woche eingesprungen für eine ehrenamtliche Betreuerin in der Pilgerherberge des Klosters Bursfelde bei Göttingen. Und das im Anschluss an ihre eigentliche Tätigkeit.

Seit 21 Jahren arbeitet Gabi Pape als Hauswirtschafterin nebenan im Tagungshaus des Klosters. Dort im modernisierten früheren Gutshaus putzt und wäscht Pape für die Gäste, die hierherkommen, um Exerzitien einzuüben, kirchliche Seminare zu belegen oder spirituelle Erfahrungen zu machen. Dafür ist der idyllische Flecken direkt an der Weser sehr gut geeignet. „Es ist einfach schön hier“, sagt Pape. „Dieser Ort hat etwas Magisches.“

Nach Feierabend fährt die Hauswirtschafterin nicht nach Hause, sondern schließt um 16 Uhr erstmal die Pilgerherberge auf. Hier ist sie nun ehrenamtlich von nachmittags bis morgens für eine Woche Herbergsmama und kümmert sich um die pilgernden Übernachtungsgäste. Das hat Pape schon öfter gemacht.

Die Aufgabe teilen sich übers Jahr hinweg mehrere Dutzend Ehrenamtliche, von denen einer wöchentlich die Rolle als Herbergsbetreuer übernimmt. Diese Ehrenamtlichen waren früher meist selbst Pilger und kommen für die Aufgabe teils hunderte Kilometer angereist. Fällt jemand aus, springt Gabi Pape ein. So wie diesmal.

„Jeder Tag hier ist besonders, weil man viele interessante Menschen kennenlernt“, erzählt sie. Heute hat sie beispielsweise mit einer dreiköpfigen Pilgergruppe vor der Herberge gefrühstückt.

Verpflegung gibt es in der Herberge eigentlich nicht, aber Pape waren die drei Männer so sympathisch, dass sie ihnen ein Frühstück ausgegeben hat. Dann saßen sie dort, blickten auf den nahen Reinhardswald, ein Höhenzug auf der anderen Seite der Weser, und erzählten sich ihre Lebensgeschichten. Auch abends bei einer Flasche Wein lässt es sich hier gut über Gott und die Welt debattieren.

Das Kloster Bursfelde liegt am 2005 wieder eingerichteten Pilgerweg Loccum-Volkenroda. Einige Jahre nach Inbetriebnahme des Weges entschloss man sich in Bursfelde den alten Stall neben Kirche und Gutshaus in eine Pilgerherberge umzubauen. 2012 wurde die Herberge eröffnet. Hier gibt es Zweier- und Vierer-Schlafkabinen für bis zu 20 Pilger, zwei Räume für die Herbergseltern, dazu Waschräume, eine Küchenzeile und Sitzgelegenheiten.

Und wie finden das die Übernachtungsgäste? „Viele sagen: ‚Wow, ist das hier schön! ‘ Aber manche erwarten auch mehr Komfort“, erzählt Pape. Im Vergleich zu vielen Häusern auf dem Jakobsweg, wo Pilger in großen Schlafsälen ohne Privatsphäre übernachteten, sei die Herberge in Bursfelde allerdings wahrer Luxus. In der Bursfelder Herberge ist alles neu und gepflegt.​

Als Herbergsmama sorgt Gabi Pape nicht nur für Bettzeug und Sauberkeit, sondern stempelt auch die Pilgerpässe der ankommenden Gäste ab. Bis zu 500 Pilger übernachten hier pro Saison (von Ostern bis zum Reformationstag).

In der Zeit dazwischen ist die Herberge geschlossen. Es ist dann einfach zu kalt in dem früheren Stall. Noch gibt es hier aus baulichen Gründen keine Heizung, sondern nur einige Infrarotwärmeplatten um den Sitzbereich. In Frühling und Herbst sind es darum oft nur zehn bis zwölf Grad in der Herberge. „Aber wir sind am Thema Heizung dran.“

Selbst ist Pape noch nie gepilgert, sagt sie. „Aber irgendwann muss ich mal los, hier in der Umgebung. Das habe ich mir vorgenommen.“ Vielleicht aus dem benachbarten Dransfeld nach Bursfelde, schlägt Diakon Klaas Grensemann vor. „Das ist eine sehr angenehme Strecke für Anfänger. 15 Kilometer lang. Die erste Hälfte durch Felder, die zweite Hälfte durch Wälder.“

Grensemann weiß gut Bescheid, er ist Referent für Pilger- und Besinnungswege hier im Kloster und er organisiert den Dienstplan der Beschäftigten. Gleich will er das Abendgebet vorbereiten, das täglich um 18 Uhr in der Klosterkirche abgehalten wird.

Das Kloster  feiert in diesem Jahr sein 925-jähriges Jubiläum. Im Jahr 1093 gründeten Benediktinermönche aus Corvey nach Vorgabe Graf Heinrichs von Northeim in Bursfelde eine Abtei. Seit dem 16. Jahrhundert ist das Kloster evangelisch. „Aber wir sind uns des benediktinischen Erbes hier sehr bewusst“, so Grensemann. Zum Kirchenjubiläum findet am 9. September abends eine szenische Führung in der Kirche statt.

Bis die Bursfelder Pilgerherberge solche Jubiläen feiert, wird noch viel Zeit vergehen. Für Gabi Pape ist das Gebäude so etwas wie ihr „Baby“, sagt sie. Denn sie hat die Einrichtung von Beginn an mit aufgebaut.

Auch über die schwere Zeit vor einem Jahr, als ihr Mann schwer erkrankte und starb, halfen ihr die Aufgabe in der Herberge und die Mitarbeiter im Kloster. „Wie die Kollegen da hinter mir standen, das war schon sehr besonders.“

Und was macht man als Herbergsmama in den einsamen Stunden, wenn mal keine Pilger angemeldet sind? Gabi Pape überlegt nicht lang. Wenn man sich raussetzt, kommt immer irgendjemand vorbei und setzt sich dazu. Und wenn man wirklich mal allein ist, kann man lesen, Radio hören oder einfach über sich und sein Leben nachdenken. „Hier kriegt man den Kopf so richtig frei.“ 

Stefan Korinth

Das Kloster Bursfelde

Mit den Klöstern des Allgemeinen Hannoverschen Klosterfonds auf ihrem Gebiet präsentiert sich die Ev.-luth. Landeskirche Hannovers beim großen Fest der Klosterkammer zu ihrem 200-jährigen Bestehen am Samstag, 25. August in Wöltingerode: Das Geistliche Zentrum Kloster Bursfelde bietet persönliche Bibelworte und Segnungen an. Andere Klöster führen in die Sticktechnik des traditionellen Klosterstichs ein, lassen Bibelverse - wie einst die Mönche - in einem „Scriptorium“ abschreiben. Besucher und Besucherinnen können unter Anleitung von Steinbildhauer Wilfried Behre Steine mit Hammer und Meißel selbst bearbeiten und erfahren etwas über eine klösterliche Bauhütte und Klosterapotheken. Außerdem gibt es stündliche Führungen für Kinder durch die benachbarte Klosterkirche. Die Hannoversche und die Braunschweigische Landeskirche präsentieren sich in einem Zelt und gemeinsam mit den Klöstern werden Stundengebete zu jeder vollen Stunde angeboten, die stimmungsvoll mit Harfenmusik begleitet werden.

Stefan Korinth

40 Jahre Tagungszentrum

„Hören, was am Ort klingt“ ist das Motto des Geistlichen Zentrums Kloster Bursfelde. Seit 40 Jahren bietet das Kloster Bursfelde Raum für die Entdeckung und Einübung geistlichen Lebens in benediktinischer Tradition mit evangelischem Profil.

Zum Geistlichen Zentrum gehören das Tagungshaus und die Klosterkirche der ehemaligen Benediktiner-Abtei aus dem Jahr 1093. Alle Gebäude befinden sich im Eigentum der Klosterkammer Hannover und werden von dieser unterhalten.

Ein umfangreiches Seminarprogramm lädt zu den Themen Einkehr und Stille ein. Angeboten werden Exerzitien und kreative Zugängen zu biblischen Texten und vieles mehr. Zur geistlichen Übung lädt ebenso auch der Einzelgast-Bereich ein, die sogenannte „Oase“.

Am 14./15. Juli gibt es ein Festwochenende zum Jubiläum: Das geistliche Tagungszentrum feiert 40. Geburtstag unter anderem mit Vernissage, Nachtgebet und Festvortrag. Arend de Vries, Geistlicher Vizepräsident des Landeskirchenamtes Hannover, predigt Sonntagvormittag im Festgottesdienst. Nach dem Festgottesdienst wird unter anderem der Präsident der Klosterkammer Hans-Christian Biallas ein Grußwort halten. Im Anschluss gibt es einen Festvortrag von Professorin Dr. Nicole Grochowina von der Universität Jena, Schwester der Communität Christusbruderschaft Selbitz über Bursfelde als „Anders-Ort“: Perspektiven für Gegenwart und Zukunft.

Klaas Grensemann / Stefan Korinth