Es ist wohl eine der schwersten Entscheidungen, die werdende Eltern treffen müssen: Sollen sie ihr Kind, bei dem eine Behinderung diagnostiziert wurde, bekommen oder nicht? „Wir haben festgestellt, dass viele Eltern mit dieser Entscheidung alleine dastehen. Ihnen fehlen Informationen darüber, welche Unterstützung sie nach der Geburt bekommen können, oder wie das Leben mit einer Behinderung aussieht“, erklärt Katrin Sommerfeld, Sozialpädagogin in der Beratungsstelle „Menschenskind“, die (werdende) Eltern in dieser Situation berät.
Die Beratungsstelle wurde am 1.4.2014 gegründet, nachdem es auch in Hannover eine Debatte darüber gegeben hatte, ob Spätabbrüche erlaubt sein sollten oder nicht. „In der Diakonie haben wir uns da in einem Spannungsfeld bewegt, weil einerseits in diakonischen Krankenhäusern Spätabbrüche vorgenommen werden können, die Diakonie aber gleichzeitig auch einer der größten Anbieter in der Behindertenhilfe in Hannover ist“, erzählt Katrin Sommerfeld weiter.
Wenn Eltern in die Beratungsstelle kommen, haben sie erst mal ganz viele Fragen. Sie möchten wissen, wie die Betreuung des Kindes geregelt werden kann, ob das Kind trotzdem in eine Krippe oder Kindertagesstätte gehen oder ob ihr Kind jemals selbstständig leben kann. Manche haben Ängste, wie ihr Kind aussehen wird. „Viele machen sich auch schon Gedanken, wer sich um ihr Kind kümmern wird, wenn sie selbst alt und pflegebedürftig sind. Natürlich beschäftigt die Familien auch ihre finanzielle Sicherheit. Sie fragen sich, inwieweit sie ihre eigenes Leben einschränken müssen, sie haben Angst, dass sie etwas aufgeben müssen“, so Katrin Sommerfeld.
Die beiden Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle geben den Eltern viele Informationen über die Behinderung ihres Kindes sowie Entlastungsmöglichkeiten sowohl in der Pflege des Kindes als auch finanziell.
Im vergangenen Jahr sind 14 werdende Eltern in die Beratung gekommen, die Tendenz ist steigend. „Wir sind darauf angewiesen, dass Krankenhäuser uns empfehlen. Oft hören wir aber, dass Ärzte bereits Ratschläge geben, die eher in die Richtung gehen, dass sie das Kind nicht behalten sollten. Dies ist problematisch, weil Ärzte einen hohen Stellenwert bei den Eltern genießen, aber trotzdem nicht richtig einschätzen können, was auf die Eltern zukommen wird. Wir geben keine Ratschläge, denn die Entscheidung können nur die Eltern fällen. Nur sie kennen ihre Stärken und können ihre Situation einschätzen“, erklärt Katrin Sommerfeld.