Wie bist Du selbst gewesen, als Du im Alter der Jungs und Mädchen warst, die jetzt an Deinem Workshop teilnehmen?
Fidi: Wie fast alle Teenager: Auf der Suche. Eigentlich weiß ich auch immer noch nicht ganz genau, wo die Reise hingeht, aber der Weg wird immer klarer. Und heute finde ich das gut – das ist ja auch das Interessante am Leben, dass man gucken, rumprobieren und Entscheidungen treffen muss und nie genau weiß, was der nächste Tag bringt. Aber damals war ich natürlich noch nicht so gelassen. Im Übergang von der Grundschule zur Gesamtschule hatte ich viel mit Mobbing zu kämpfen. Darauf habe ich heftig reagiert, habe wild um mich gehauen und meine Mitschüler beschimpft. Was nicht viel gebracht hat – die meisten sind irgendwann vor mir weggelaufen, oder es führte zu noch mehr Hänseleien. Alles änderte sich, als ich die Rap-Musik für mich entdeckte. Das war wie ein Anker, der mich erdete. Über das Texten fand ich zu mir. Ich schrieb meine Erlebnisse und Gefühle, wie andere Tagebucheinträge oder Gedichte schreiben. Der Rap gab mir die Chance, alles zu kanalisieren und Musik draus zu machen. Und ich machte die Erfahrung, dass ich damit andere Menschen zum Zuhören und Nachdenken bringen und sie sogar glücklich machen kann.
Warst Du damals auch schon so selbstbewusst und wortgewandt wie heute? Ist doch bestimmt eine Überwindung für einen Teenager, sich mit so persönlichen Texten rauszutrauen?
Fidi: Um die Frage richtig zu beantworten, müsste man jetzt wahrscheinlich mit meinen Eltern sprechen (lacht). Aber ein gewisses Selbstbewusstsein hatte ich schon. Ich mochte den Deutschunterricht, weil ich gerne Texte verfasst habe. Geschichten und Gedichte schreiben – das war immer mein Ding. Aber damit rauszugehen dauerte damals einfach länger; es war ja nicht so wie heute, dass Du gleich eine Plattform wie YouTube dafür hast. Ich habe schon zwei oder drei Jahre Texte geschrieben, bevor es richtig losging. Natürlich musst Du, wenn Du Rapper werden möchtest, schon eine Affinität dafür haben, Dich zu trauen, Dich vorne hinzustellen und Dich zu präsentieren. Ich kannte das von meiner Mutter, die in einem großen Orchester in Berlin Geige spielte; und ich habe auch schon selbst früh bei Aufführungen mitgemacht, beim Krippenspiel, im Schulchor gesungen… Ich hatte also kein Problem damit, im Rampenlicht zu stehen. Natürlich war ich vor meinen ersten Auftritten auch sehr aufgeregt, aber ich hab es trotzdem gemacht. Heute habe ich kein Lampenfieber mehr. Es ist eher eine Anspannung, die sich anfühlt, wie ein Kochtopf, in dem es brodelt, von dem einfach der Deckel genommen werden muss. Sobald ich den ersten Song spiele, bin ich in meinem Element.
Was erwartet die Teilnehmer in Deinem Musik-Workshop? Und worum geht’s Dir selbst dabei?
Fidi: Mir selbst geht‘s in erster Linie darum, dass die Jugendlichen Spaß haben. Und dass jeder die Möglichkeit hat, sich auf seine eigene Art auszudrücken – ob verbal oder nonverbal, indem er was schreibt oder performt oder zuhört oder tanzt oder zum Beat nickt oder einfach nur dabei ist. Aber was genau passiert – das wird die große Überraschung. Ich werde ein paar Beats, Instrumentale und einen Textkörper für einen Refrain vorbereiten. Mit allen einen Refrain zu machen hat den Vorteil, dass man das zusammen in der Gruppe macht und sich, wenn man schüchtern oder unsicher ist, auch ein bisschen in der Masse verstecken kann. Gerade für Leute, die noch nichts mit Musik gemacht haben, ist das am Anfang immer ein gutes Mittel, um reinzukommen. Aber es kann auch ganz anders laufen. Ich gucke erst mal, was die Jugendlichen interessiert. Wenn die eigene Ideen haben und alles komplett selber schreiben wollen, dann machen wir das. Wenn sie sich aber nicht so richtig trauen oder ihnen nichts einfällt, schlage ich was vor und wir sehen, ob sie Lust drauf haben.