Startseite Archiv Tagesthema vom 01. Februar 2017

Sorgentelefon für Bauern

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Familienberatung bietet Landwirten in Not Hilfe an

Die schwierige Einkommenssituation bei fallenden Preisen für Milch und Fleisch bringt Bauern immer wieder in Existenznot. Hinzu kommen familiäre Probleme wie etwa Generationenkonflikte auf den Höfen. Die Belastung durch laufende Kredite verschärfen nicht nur die finanzielle Lage vieler Bauern, sondern setzen die Familien und Beschäftigten auf den Höfen enorm unter Druck.

"Aus dieser Lage kommen viele Familien alleine nicht mehr heraus", sagt Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne). "Deshalb ist es so wichtig, ihnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen."

Das Team des Vereins "Sorgentelefon für landwirtschaftliche Familien" will die Generationen auf den Höfen wieder ins Gespräch bringen. "Bei Streit und Problemen sollten die Familien möglichst frühzeitig über das Sorgentelefon unsere Familienberatung in Anspruch nehmen", sagte der Geschäftsführer des Sorgentelefons, Ludger Rolfes, in Wallenhorst bei Osnabrück im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Die Landwirte hätten ein schwieriges Jahr hinter sich. Die wirtschaftliche Not auf vielen Höfen sei so groß, dass familiäre Probleme, etwa die Hofnachfolge, einfach unterdrückt und verdrängt werden. "Aber diese Konflikte werden die Familien wieder einholen, und dann kann es schwierig werden." 

In den Beratungsgesprächen am Sorgentelefon oder den Hofbesuchen der Familienberater zeigten sich immer wieder existenzielle Nöte, sagte Rolfes. "Unsere Familienberaterinnen und -berater beschreiben die Lage als hochgradig depressiv." Einige Bauern könnten das Futter für die Tiere nicht mehr zahlen, andere dächten sogar über einen Suizid nach. "Und trotzdem konnten wir in diesem Jahr nur 30 neue Familien in die Beratung aufnehmen."

"Eine unserer Aufgaben ist es, den Leuten klar zu machen, dass sie nicht verantwortlich für die schlechten Marktpreise sind", sagte Rolfes. Viele gäben sich selbst die Schuld an ihrer Situation. Die Furcht, nach vielen Generationen den familieneigenen Hof zu verlieren, sei gewaltig und belaste die Menschen. "Niemand will der letzte Bauer in der Familie sein."

Ein anderes großes Problem auf den Höfen sei die Frage der Übergabe an die nächste Generation: Dort lebten und arbeiteten zwei, manchmal drei Generationen, unter einem Dach. "Da können Konflikte nicht ausbleiben", erläuterte Rolfes.

Gerade zwischen Vätern und Söhnen komme es vermehrt zu unausgesprochenen Kontroversen. "Die Alten wollen den Hof nicht abgeben, weil sie den Kontrollverlust fürchten. Und die Jungen sind hoch qualifiziert und wollen lieber heute als morgen den Betrieb umstrukturieren und investieren." Nicht selten sprächen die Männer über Jahre nur das absolut Notwendigste miteinander.

"Wir holen die Generationen wortwörtlich zurück an einen Tisch und bringen sie dazu, wieder miteinander zu reden", sagte Rolfes. Dabei könne es auch laut werden. "Aber diese Familien wollen ja etwas verändern, sonst hätten sie uns nicht angerufen." Die Familienberater kämen für jeweils anderthalb Stunden auf den Hof. "In der Regel ist dann nach vier bis sieben Sitzungen eine Lösung gefunden."

epd/ Jörg Nielsen

Nummer gegen Kummer

Die ehrenamtlichen Beraterinnen und Berater der landwirtschaftlichen Sorgentelefone leisteten anonym und kostenfrei Hilfe. In Niedersachsen bieten die katholische Landvolkhochschule Oesede bei Osnabrück, die evangelische Heimvolkshochschule Rastede bei Oldenburg und das Bildungs- und Tagungszentrum Ostheide in Barendorf bei Lüneburg solche Sorgentelefone an. Darüber hinaus kommen Familienberater zu persönlichen Gesprächen direkt auf die Höfe.

Nachhaltigkeit fördern

Landesbischof Ralf Meister hat auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin das immer weitere Wachstum der Konsumgüterindustrie kritisiert. „Wenn wir über Nachhaltigkeit nachdenken, müssen wir über Gottes Schöpfung nachdenken“, sagte Meister bei einer Veranstaltung der Marketinggesellschaft der niedersächsischen Land- und Ernährungswirtschaft vor rund 300 Gästen. „Wir brauchen eine Ethik des Genug“.

Förderung der Beratung

Um Landwirten Beratungen anzubieten, stellt das Land Niedersachsen in diesem Jahr 600.000 Euro zur Verfügung. Zusätzlich zu diesem Betrag, den die Landwirtschaftskammer erhält, fördert das Agrarministerium die landwirtschaftlichen Sorgentelefone und die ländliche Familienberatung seit dem vergangenen Jahr mit jährlich 45.000 Euro.

epd