Startseite Archiv Tagesthema vom 02. August 2016

Flucht-Ucieczka

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Theater reist im Güterzug von Polen nach Deutschland

Der Zweite Weltkrieg vertrieb Millionen von Menschen aus ihrer Heimat. Das Theater Das Letzte Kleinod ging zusammen mit dem polnischen Theater Gdynia Główna auf Spurensuche in Russland, Polen und Deutschland und befragte Zeitzeugen, wie sie als Kind ihre Flucht erlebt haben. Aus den Geschichten entstand ein dokumentarisches Theaterstück, das in diesem Sommer in einem Güterzug vom 15. Juli bis 26. August 2016 an zehn Bahnhöfen in Polen und Deutschland gespielt wird.

Der junge Rotarmist sollte ein Lebensmittellager in der Nähe der umkämpften Stadt Berlin bewachen. Aber er verteilte das Dosenfleisch stattdessen an die hungernden Flüchtlinge. Ein russisches Mädchen flüchtete mit ihrer Familie vor den Deutschen aus dem zerstörten Waldai und bekam schließlich eine Wohnung in Königsberg zugewiesen. Doch zuerst mussten sie ein totes Pferd zur Seite schaffen, das im Treppenhaus des neuen Quartiers lag. Eine Frankfurterin hatte als kleines Kind miterlebt, wie sich die komplette Belegschaft eines Gutshofes in Ostpreußen auf dem Dachboden der Scheune aufhängte. Auch ihre eigene Mutter nahm sich dabei das Leben. Das sind nur drei von Dutzenden von Geschichten, welche die Theatermacher auf ihrer Recherchereise sammelten.

Noch heute sind diese Erlebnisse bei der älteren Generation allgegenwärtig. Zeitzeugen in Kaliningrad, Gdynia, Frankfurt/Oder und Niedersachsen erzählten von ihren traumatischen Erinnerungen. Oft waren diese Gespräche von Tränen begleitet. Das erstaunt kaum, denn eine Aufarbeitung fand nach dem Ende des Krieges nicht statt. Jetzt sollen diese Erzählungen an einem Ort inszeniert werden, der wie kein anderer für die Geschichte der Flucht steht. Fast jeder der Zeitzeugen erzählte von tagelangen Transporten auf der Eisenbahn. Das Stück wird deshalb in alten Güterwaggons aufgeführt, die für das Theaterstück von einer slowakischen Bahngesellschaft angemietet wurden. Die Aufführungen finden an Güterbahnhöfen zwischen Pommern und Niedersachsen statt.

Die Theatervorstellung „Flucht-Ucieczka“ wird vom 15. Juli bis 26. August 2016 an Bahnhöfen in Polen (Gdynia, Piła, Poznań) und in Deutschland (Frankfurt/Oder, Berlin Spandau, Lüneburg, Bremerhaven, Hannover, Bad Bederkesa, Geestenseth) gespielt.

Das Theater Das Letzte Kleinod hat sich mit dokumentarischen Stücken an originalen Spielorten international einen Namen gemacht. Die Projekte werden mit dem Ozeanblauen Zug, einer mobilen Produktionsstätte mit neun eigenen Eisenbahnwaggons, ausgeführt. In diesem Jahr wurde das Theater mit dem Theaterpreis des Bundes von der Staatsministerin für Kultur und Medien ausgezeichnet.

Vom 9. bis 11. August gastieren die Schauspieler am Lüneburger Museumsbahnhof, danach im Güterbahnhof in Hannover-Linden. Weitere Spielorte sind Bremerhaven, Bad Bederkesa und Geestenseth bei Bremerhaven, der Stammsitz der Gruppe.

Deutsche Premiere am 3. August

Gemeinsam mit Schauspielern aus Polen inszeniert die Theatergruppe "Das letzte Kleinod" aus Bremerhaven ein abenteuerliches Kapitel von Flucht und Vertreibung am Ende des Zweiten Weltkriegs. Unter dem Titel "Flucht - Ucieczka" bringt sie in einem Güterzug die Geschichten von Menschen aus Russland, Polen und Deutschland auf die Bühne, wie die Gruppe am Montag mitteilte.

Deutsche Premiere ist am Mittwoch 3. August in Frankfurt/Oder.

Danach reist das Ensemble mit einem Theaterzug weiter nach Berlin, Niedersachsen und Bremen. Im Juli war das Stück bereits an drei Orten in Polen zu sehen.

Für die neue Produktion ging die Theatergruppe gemeinsam mit dem polnischen Theater "Gdynia Glowna" auf Spurensuche, sagte Regisseur Jens-Erwin Siemssen. Das Team befragte Zeitzeugen aus drei Ländern, wie sie als Kind die Flucht erlebten. Eine besondere Rolle spielte dabei Ostpreußen. Aus den Erzählungen entstand das neue dokumentarische Theaterstück. Es wird in vier Güterwaggons an sieben deutschen Bahnhöfen gespielt - die Besucher gehen dabei von Waggon zu Waggon. Zur deutschen Erstaufführung rollt der Theaterzug in die Lokwerkstatt in Frankfurt/Oder. In Berlin ist das Stück im Bahnhof der Havelländische Eisenbahn zu sehen.

Die Inszenierung schlage immer wieder den Boden zur aktuellen Flüchtlingssituation, erläuterte Siemssen. "Wir haben den Texten der Zeitzeugen nichts hinzugefügt." 

Das Theater "Das Letzte Kleinod" hat sich mit dokumentarischen Stücken an originalen Spielorten international einen Namen gemacht. "Wir bringen Geschichten an die Orte zurück, an denen sie sich ereignet haben", sagte Siemssen über den Ansatz des Theaters. "Dabei geben wir Erinnerungen an die nächsten Generationen weiter."

In diesem Jahr wurde die Gruppe von der Staatsministerin für Kultur und Medien mit dem Theaterpreis des Bundes ausgezeichnet.

epd