Das Ausmaß seiner Aktion wird Förster Andreas Kretschmer erst neun Jahre später klar. Im Herbst 2007 - zehn Jahre vor dem 500. Reformationsjubiläum - sammelt der Kirchenvorsteher des kleinen Dorfes Polle im Weserbergland am Fuß der alten Eiche an der Kirche rund 500 Eicheln. Den schweren Eimer schickt er an eine Baumschule in Schleswig-Holstein. Aus den Eicheln, so hofft er, sollen bis zu den deutschlandweiten Jubiläumsfeiern im Jahr 2017 Ableger der historischen Luthereiche entstehen. "Wir Förster denken sehr langfristig, das ist unser Geschäft", sagt der 57-Jährige schmunzelnd.
Statt der erwarteten 100 sind aus den Samen mittlerweile 300 Luthereichen gewachsen. "Es ist ein Wald geworden", sagt Kretschmer stolz, während er auf ein Foto aus der Baumschule deutet. Die bis zu drei Meter hohen Bäume stehen dort derzeit noch in Containern. Der evangelische Kirchenkreis Holzminden-Bodenwerder will die jungen Luthereichen nun mit einer besonderen Aktion im gesamten Gebiet der hannoverschen Landeskirche von Ostfriesland bis nach Göttingen vertreiben. Für einen Preis von 111,11 Euro werden sie mit einer Aufstellhilfe aus Holz verkauft und kostenlos ausgeliefert.
Die Tradition, an Jahrestagen der Reformation nach Martin Luther (1483-1546) benannte Eichen zu pflanzen, reicht bis zur Legende der Wittenberger Luthereiche zurück. Mit den Worten "Weil du den Heiligen des Herrn gelästert hast, so verzehre dich das ewige Feuer" verbrannte der Reformator öffentlich eine päpstliche Bannandrohungsbulle. Damit vollzog er auch äußerlich den Bruch mit der römischen Kirche. An diesem historischen Ort sei damals eine Eiche gepflanzt worden, hieß es. Das Original wurde allerdings von den Franzosen während der Freiheitskriege am Anfang des 19. Jahrhunderts gefällt. Schon 1830 pflanzten die Wittenberger ein neues Bäumchen.