Startseite Archiv Tagesthema vom 04. Juli 2016

Raststätten für die Seele

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Autobahnkirchen sind ein besonderes Phänomen in Deutschland

Autobahnkirchen sind eine deutsche Erfindung - in anderen Ländern sind sie weitgehend unbekannt. 1958 wurde bei Adelsried an der A 8 zwischen München und Stuttgart die erste explizit als Autobahnkirche ausgewiesene Kirche "Maria, Schutz der Reisenden" erbaut. Inzwischen gibt es 44 Autobahnkirchen, drei davon in Niedersachsen. Seit den 1980er Jahren koordiniert und fördert die Akademie der Versicherer im Raum der Kirchen in Kassel den Ausbau des deutschen Autobahnkirchennetzes.

Die Autobahnkapelle Dammer Berge an der A1 bei Osnabrück war den Angaben zufolge 1970 die erste ökumenische Autobahnkirche. Als einmalig gelten auch die beiden Kirchen an der A7 in Grasdorf bei Salzgitter: Im Abstand von etwa 300 Metern stehen Reisenden die Türen von je einer evangelischen und einer katholischen Kirche offen.

Die meisten der bundesweit 44 Autobahnkirchen gibt es in den südlichen und westlichen alten Bundesländern, in Bayern sind es allein sieben. Der Norden Deutschlands ist ein weitgehend Autobahnkirchen-freier Raum, im nördlichen Niedersachsen, in Schleswig-Holstein, Bremen und Hamburg gibt es kein einziges explizit als solches ausgewiesenes Gotteshaus. Nur in Mecklenburg-Vorpommern an der A 19 zwischen Berlin und Rostock in Kavelstorf liegt eine evangelische Autobahn- und Gemeindekirche.

Welche Voraussetzungen eine neu zu bauende oder auch bestehende Kirche erfüllen muss, um sich Autobahnkirche nennen zu dürfen, hat die Konferenz der Autobahnkirchenpfarrer festgelegt. Demzufolge muss sie eine direkte Autobahn-Anbindung haben, entweder an einer Raststätte oder Abfahrt. Die Entfernung von der Abfahrt darf nicht mehr als 1.000 Meter betragen. Außerdem sollte die Entfernung zwischen zwei Kirchen an einer Autobahn mindestens 80 Kilometer groß sein.

kirche.tv ist die Katholische Fernseharbeit, eine Arbeitsstelle der Deutschen Bischofskonferenz. Quelle YouTube
 

Zudem müssen Parkplätze und sanitäre Anlagen vorhanden sein, und der Träger - meist sind dies Vereine oder Stiftungen - muss bereit sein, tägliche Mindestöffnungszeiten von 8 bis 20 Uhr zu gewährleisten. Die Kosten für Energie und Reinigung hat der Träger zu übernehmen. Der Innenraum der Kirchen oder Kapellen sollte überdies so groß sein, dass er auch von Bus-Reisegruppen gemeinsam besucht werden kann. Die Auszeichnung als Autobahnkirche erfolgt stets auf Dauer.

Je nach Herkunft der Spender sind die Kirchen katholisch, evangelisch oder ökumenisch ausgerichtet: 19 evangelische, acht katholische und 17 ökumenische. Einheitliche Standards für die Gestaltung und theologische Ausrichtung gibt es nicht. Meistens handelt es sich um niedrigschwellige religiöse Angebote. So dient das Gros der deutschen Autobahnkirchen und -kapellen vor allem als Raum der Stille und des individuellen Gebets. Es gibt aber mancherorts auch regelmäßige Gottesdienste.

Die Idee von Orten der Ruhe und Besinnung entlang von Reiserouten ist hingegen keine der deutschen Nachkriegsgeschichte. Wanderern und Pilgern wurden bereits im Mittelalter Andachtsmöglichkeiten in Form von Kapellen und Kreuzen am Wegesrand angeboten. In dieser Tradition sehen sich auch die Autobahnkirchen: Als Gegenpol zu der fortwährend schnelllebigeren Zeit wollen sie Orte sein, an denen Menschen auf der Suche nach Gott oder sich selbst Ruhe und Besinnung finden.

epd

Tag der Autobahnkirchen

Zum Tag der Autobahnkirchen am Sonntag haben viele der 44 Kirchen zu besonderen Andachten mit Reisesegen eingeladen. In Niedersachsen gibt es gleich drei Autobahnkirchen: An der A7 stehen in Grasdorf bei Salzgitter Reisenden die Türen von je einer evangelischen und einer katholischen Kirche offen. Eine ökumenische Autobahnkapelle gibt es zudem an der A1 bei der Raststätte Dammer Berge bei Osnabrück.

Autobahnkirchen als "Raststätten für die Seele" gibt es bisher fast ausschließlich in Deutschland, das Netz wächst weiter, derzeit wird die 45. Kirche am Rastplatz Sindelfinger Wald geplant. Nach Angaben des Verbands der Versicherer im Raum der Kirchen in Kassel sucht jedes Jahr rund eine Million Menschen eine Ruhepause und Stärkung in diesen Kirchen.

Die Akademie des Versicherer-Verbands betreut das Netz der Gotteshäusern, die an Raststätten oder in der Nähe einer Autobahnabfahrt stehen. Im März hatte der Verband eine bessere Ausschilderung an den Autobahnen gefordert, Piktogramme allein reichten nicht aus.

epd