Startseite Archiv Tagesthema vom 09. Februar 2016

Verschwunden

Millionen Menschen lassen sich jährlich mit „7 Wochen Ohne“, der Fastenaktion der evangelischen Kirche, aus dem Trott bringen. Sie verzichten nicht (nur) auf Schokolade oder Nikotin, sondern folgen der Einladung zum Fasten im Kopf: sieben Wochen lang die Routine des Alltags hinterfragen, eine neue Perspektive einnehmen, entdecken, worauf es ankommt im Leben. Dieses Jahr unter dem Motto: „Großes Herz! - Sieben Wochen ohne Enge“.

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„Entdecken durch Verhüllen“ ist die Grundidee für eine Kunstinstallation im Kloster Bursfelde. In der Zeit von Aschermittwoch, 10. Februar bis einschließlich Mittwoch in der Karwoche, 23. März wird die Kreuzigungsgruppe im Ostteil der Bursfelder Klosterkirche durch ein fünf Meter breites und sechs Meter hohes Fastentuch der österreichischen Künstlerin Lisa Huber verhüllt und vor Ostern wieder enthüllt. 2015 wurde bereits der Ostchor der Klosterkirche durch das Fastentuch geprägt.                                  

„Mit dieser Installation wird eine seit 1000 Jahren bestehende Tradition aufgegriffen, Kreuze und Altäre in der Passionszeit zu verhüllen. Man ‚fastet‘, verzichtet auf einen gewohnten Anblick, um anschließend Vertrautes neu zu sehen“ erklärt Pastor Klaus Dettke, Leiter des Geistlichen Zentrums Kloster Bursfelde. Dadurch entstehe ein ungewohnter und überraschender Weg, sich dem Geheimnis der Passion Christi anzunähern und die Kreuzigungsgruppe in ihrer Ausstrahlung wieder neu zu entdecken, so Dettke weiter.

Künstlerin Lisa Huber, die in Berlin, Wien und Villach lebt und arbeitet hat im Jahr 1999 das moderne Fastentuch geschaffen. Das Tuch mit 27 Holzschnitten zeigt Motive aus dem Alten und Neuen Testament. Vor allem sind Hände und Füße – wie oft bei Lisa Huber – zu sehen, die für bekannte biblische Geschichten besondere Bedeutung haben.

Sie war Meisterschülerin von Adolf Frohner an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien. In Berlin studierte sie unter anderem bei Georg Baselitz. Lisa Huber ist erste Preisträgerin des Graphikpreises des Landes Tirol und erste Preisträgerin des Erwin-Ringel-Kunstpreises. Huber hat sich, angeregt durch die Auseinandersetzung mit der Grafik von Georg Baselitz, auf Holzschnitte spezialisiert. 

Sie wird beim Aufhängen des Fastentuches am Aschermittwoch ab 18 Uhr dabei sein. Im Rahmen eines  festlichen Abendgebetes unter Leitung von Pastorin Silke Harms und Diakon Klaas Grensemann wird die gewohnte Kreuzigungsgruppe verhüllt.

In den folgenden Wochen wird das Fastentuch mit seinen Bildtafeln liturgisch mit einbezogen in die Abendgebete. Damit wird der ursprüngliche Sinn der Fastentücher neu erschlossen: sie verhüllen den gewohnten Anblick und erschließen den spirituellen Inhalt der heilsgeschichtlichen Bilder, die Bildtafel für Bildtafel hinführen zu dem Verborgenen, so Dettke weiter.

Am Sonntag, 6. März, wird er ein Motiv aufnehmen, das allen Bildtafeln eigen ist. Sie zeigen nur Fragmente von Bildern, die der Betrachter mit der eigenen Fantasie vervollständigen kann. Das Fragment ist mehr als ein Bruchstück, weil es über sich hinausweist, auf das, was noch werden könnte, aber auch auf das Ganze, zu dem es gehört, meint Dettke abschließend.

Gunnar Schulz-Achelis, Haus kirchlicher Dienste

Führungen zum Fastentuch

Kirchenführungen zu dem Fastentuch können im Büro des Geistlichen Zentrums unter Telefon 05544/1688 verabredet werden. Das Kloster Bursfelde gehört zum Haus kirchlicher Dienste in Hannover. Das Kunst-Projekt wird gefördert der Klosterkammer Hannover und dem Haus kirchlicher Dienste.

„Sieben Woche ohne Enge“

Der Emder evangelische Regionalbischof Detlef Klahr hat davor gewarnt, die Fastenzeit als religiöses Pflichtprogramm zu absolvieren. „Es geht um freiwilligen Verzicht und nicht um moralinsaure Qual“, sagte der Landessuperintendent des lutherischen Sprengels Ostfriesland-Ems am Donnerstag. Am Aschermittwoch beginnt die siebenwöchige Fastenzeit bis Ostern. Die kirchliche Aktion „7 Wochen ohne“ steht in diesem Jahr unter der Überschrift „Großes Herz! Sieben Woche ohne Enge.“

Ein großes Herz zeige sich beispielsweise in der Gastfreundschaft den Fremden gegenüber, die als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen seien, sagte Klahr. Engherzigkeit schränke die Lebensmöglichkeiten dagegen immer ein. „Manchmal tut es schon gut, einfach mal fünfe gerade sein zu lassen“. Das Miteinander in Familie, Beruf und Gesellschaft könne ein wenig mehr Großherzigkeit gut gebrauchen.

Der Verzicht auf Süßigkeiten, Alkohol oder auf Gewohnheiten in der Fastenzeit solle als geistliche Übung und nicht als Leistung verstanden werden, unterstrich Klahr. Darauf habe schon der Reformator Martin Luther hingewiesen. Es gehe nicht darum, ein paar Pfunde loszuwerden und eine gute Frühjahrsfigur zu bekommen. Vielmehr gehe es um eine innere Haltung und um die Wahrnehmung für das, was die Freiheit zum Leben und Handeln einschränke oder belaste. „Manche Gewohnheit und manche Vor- und Selbsturteile hängen viel schwerer an uns als ein paar Pfunde Übergewicht.“

epd