„Ausgerechnet Stuttgart“, dachte Jan Christensen. „Die lange Strecke war mir anfangs ein wenig unheimlich.“ Doch es sei Tradition, dass eine Besuchergruppe vom vorigen Veranstaltungsort zum nächsten radelt, so der Umweltpastor der Nordkirche – und jetzt ist er selbst mit von der Partie.
Die 20 Radler aus Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen fahren nicht auf der kürzesten Strecke in die schwäbische Metropole, sondern auf der schönsten. Den genauen Verlauf hat Georg Körner geplant, der Pilgerbeauftragte des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs. „An ihn können wir uns vertrauensvoll ranhängen. Er kennt den Weg genau“, sagt Christensen. Und sollte es doch einmal Zweifel geben, wird ein Navigations-Gerät den rechten Weg weisen.
„Ich freue mich vor allem auf die abwechslungsreiche Landschaft“, schwärmt Christensen. Besonders die Flusslandschaften haben es ihm angetan. Aber auch die alten Kirchen und hübschen Orte, wo die Gruppe Halt macht – darunter Celle, Hildesheim, Einbeck, Tauberbischofsheim und Heilbronn. „Wir werden Deutschland auf eine ganz eigene Art und Weise kennenlernen“, so Christensen. „Wir lassen uns Zeit.“
Für den Umweltpastor hat Radfahren etwas Meditatives: „Ich fahre am liebsten einfach los in die Natur, ohne ein Ziel zu haben.“ Doch per Rad zum Kirchentag zu pilgern, das ist auch für ihn eine Premiere. „Möglicherweise komme ich in einer anderen Verfassung an als sonst“, hofft er.
Die Gespräche sollen auf der Pilgertour nicht zu kurz kommen. „Das ergibt sich genauso wie Zeiten, in denen man für sich fährt.“ Verordnete Schweigezeiten soll es nicht geben, dafür startet jede Tour mit einer Andacht. Das sorge für eine besondere Atmosphäre.
Viel werden die Pilger nicht im Gepäck haben – Schlafsack und Luftmatratze, Kleidung zum Wechseln, die über Nacht trocknen kann. Übernachtet wird in Gemeindehäusern, einmal auch in einer Sporthalle. Auf ein wenig Luxus werden die Radler trotzdem nicht verzichten. „Wenn man den ganzen Tag radelt, möchte man schon gerne duschen“, sagt Christensen. Die Gemeinden haben deswegen Duschgelegenheiten organisiert. „Einmal haben wir sogar eine Sauna.“ Denn wie das Pilgern, so ist auch das Fahrradpilgern eine sportliche Herausforderung. 50 bis 80 Kilometer muss die Gruppe täglich bewältigen, um den Kirchentag pünktlich zu erreichen.
Evangelische Zeitung