Startseite Archiv Tagesthema vom 20. Februar 2015

Vom Fasten und der Versuchung

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Am Mittwoch hat die Fasten- und Passionszeit begonnen, die bis zum Osterfest dauert. Ich bin ein Mensch, der nicht gerne fastet; das kostet mich Überwindung. Mein erstes Erlebnis war auch nicht gerade ermutigend. Nach etwa einer Woche kam ich an einem griechischen Restaurant vorbei, und – ach - da roch es so wunderschön. Ich bin der Versuchung erlegen, stürmte hinein und bestellte mir eine große Portion Gyros. Wenn sie sich also entschlossen haben, in der Fastenzeit auf etwas zu verzichten, dann tun sie es, ohne sich zu überfordern.

Es geht um die Versuchung - darum, welche unserer Schritte der Lebensbewältigung schädlich und welche angemessen sind.

Könnten wir dieses beantworten, wären wir fehlerfrei und würden immer und zu jedem Zeitpunkt das für uns Angemessene tun. Nun ist es aber so nicht in unserem Leben. Keiner von uns weiß im voraus, ob der nächste Schritt für uns sinnvoll oder schädlich ist. Wir müssen im wortwörtlichen Sinne bei jedem Schritt „ver-suchen“ herauszufinden, was gut und was schlecht ist. Und wir überblicken immer nur den nächstweiteren Schritt. Vom Ende her jedenfalls können wir niemals denken. Es geht uns als so wie dem Adam und der Eva im Paradies. Die „Versuchung“ für die beiden bestand ja darin, dass sie sich vor folgende Entscheidung gestellt sahen: wenn ihr von dem Baum der Erkenntnis esst, dann wird eure Fähigkeit euer Leben zu bewältigen auf das höchste gesteigert. Das meint die Schlange, wenn sie sagt: „Eure Augen werden geöffnet und ihr werdet sein wie Gott, nämlich wissen, was dem Leben nützt und was schädlich ist.“

Welcher Mensch würde den vermeintlich besseren Teil, die auf höchste gesteigerte Fähigkeit sein Leben angemessen und gut zu gestalten, verzichten? Adam und Eva tun es jedenfalls nicht. Und es geschieht tatsächlich das, was die Schlange versprochen hatte: ihnen wurden „die Augen aufgetan. Aber dieser Zugewinn hatte seinen Preis. Die biblische Geschichte drückt das so aus: die Erkenntnis ist für sie mit tiefen Angst- und Schamgefühlen begleitet. Sie be-decken sich und sie ver-stecken sich!

Weil ihre neue Erkenntnis sie nämlich bloßstellt: was vorher für sie richtig war, kommt ihnen jetzt falsch vor. Solche Situationen kennt jeder von uns, wenn man plötzlich erkennt, wie eingeschränkt man die ganze Zeit war. Alle haben es bemerkt, nur man selbst hat es nicht bemerkt. Keine schönen Momente im Leben!

Der Predigttext von Invokavit erzählt die Geschichte von Jesu Versuchung.

Sie erzählt: Gott in Jesus Christus weiß, dass wir Menschen unsere existentiellen Versuchungs- und Konfliktsituationen nicht immer so lösen werden, dass sich das Leben sowohl für uns wie auch für andere danach angemessener leben lässt, sondern öfter eben auch schlechter. Doch wir müssen nicht verzweifeln, sondern können freimütig auf seine Gnade hoffen, wissend, dass wir Barmherzigkeit, das bedeutet Verständnis und vergebende Liebe empfangen und Gnade, das bedeutet Kraft zu rechtzeitiger Hilfe finden werden. So, denke ich, lassen sich Versuchungs- und Konfliktsituationen und die Folgen der Lösungen, die wir versuchen, getrost ertragen.
 

Der Text

1 Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde. 2 Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn. 3 Und der Versucher trat zu ihm und sprach: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden. 4 Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben (5.Mose 8,3): »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.« 5 Da führte ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt und stellte ihn auf die Zinne des Tempels 6 und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so wirf dich hinab; denn es steht geschrieben (Psalm 91,11-12): »Er wird seinen Engeln deinetwegen Befehl geben; und sie werden dich auf den Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.« 7 Da sprach Jesus zu ihm: Wiederum steht auch geschrieben (5.Mose 6,16): »Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.« 8 Darauf führte ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit 9 und sprach zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest. 10 Da sprach Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! Denn es steht geschrieben (5.Mose 6,13): »Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen.« 11 Da verließ ihn der Teufel. Und siehe, da traten Engel zu ihm und dienten ihm. 

Matthäus 4, 1-11

Der Autor

J.-Stephan Lorenz ist Pastor und betreut im EMSZ die Chatseelsorge