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Der verschwenderische Sämann

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So würde heute – in Zeiten von Kosten- und Erfolgsdruck - kein Landwirt mehr säen. Einfach den Samen ausstreuen, ohne zu fragen, wohin er fällt. Das kann sich heute einfach keiner mehr leisten. Heute werden sowohl das Saatgut als auch seine Menge entsprechend der Bodenqualität und den herrschenden Klimabedingungen im Computer berechnet. Effizienz ist alles! Und das hat sich gelohnt: heute liegen die Ernteerträge um ein vielfaches höher als noch vor 100 Jahren. Ohne diese enorme Effizienzsteigerung wäre die Menschheit gar nicht mehr zu ernähren.

Wie anders war das noch zu Jesu Zeiten. Da gab es die heutigen Getreidearten noch gar nicht; und auch Felder in heutigem Sinne mit sorgfältig vorbereitetem fruchtbaren Boden gab es noch nicht. Da ging der Sämann schlicht hinter das Haus und streute seinen Samen aus. Kein Wunder, dass ein Teil auf Felsen, ein anderer unter die Dornen und nur ein Drittel auf guten Boden fiel.

Ein Wunder aber war es, dass zur Erntezeit überraschend hoch geerntet werden konnte; manchmal hundertfach. Was für ein erstaunlicher Kontrast! Sorglos und verschwenderisch war diese Art des Säens aus heutiger Sicht; und doch hat sie vielfach Frucht gebracht. Zuwenig nach unseren und doch überraschend viel nach damaligen Maßstäben.

Jesus erzählt diese Geschichte vom sorglosen und verschwenderischen Sämann, weil es etwas erzählen wollte darüber, wie es in der Beziehung zwischen Gott und Menschen zugeht. In dieser Beziehung geht es nicht um Effizienz, sondern um Hoffnung und Vertrauen; nicht um nüchterne Kalkulation, sondern um Liebe; nicht um Berechnung, sondern um Überraschung.

Manchmal wächst Glaube gegen alle Vernunft; manchmal überwältigend vielfältig gegen alle Skepsis; manchmal vermag niemand zu sagen, warum eigentlich. Und doch ist er da und glaubt, und hofft, und liebt. Hundertfach.

Jesu Gleichnis macht Mut. Die Sache mit Gott hat andere Wachstumsbedingungen als ein moderner Betrieb. Deshalb kann Kirche nie nur effizient sein (auch wenn wir hier noch viel lernen können); sie muss auch verschwenderisch sein. Um Gottes und der Menschen willen.
 

Der Text

Als nun eine große Menge beieinander war und sie aus den Städten zu ihm eilten, redete er in einem Gleichnis: Es ging ein Sämann aus zu säen seinen Samen. Und indem er säte, fiel einiges auf den Weg und wurde zertreten, und die Vögel unter dem Himmel fraßen's auf. Und einiges fiel auf den Fels; und als es aufging, verdorrte es, weil es keine Feuchtigkeit hatte. Und einiges fiel mitten unter die Dornen; und die Dornen gingen mit auf und erstickten's. Und einiges fiel auf gutes Land; und es ging auf und trug hundertfach Frucht. Als er das sagte, rief er: Wer Ohren hat zu hören, der höre!

Es fragten ihn aber seine Jünger, was dies Gleichnis bedeute. Er aber sprach: Euch ist's gegeben, die Geheimnisse des Reiches Gottes zu verstehen, den andern aber in Gleichnissen, damit sie es nicht sehen, auch wenn sie es sehen, und nicht verstehen, auch wenn sie es hören.

Das Gleichnis aber bedeutet dies: Der Same ist das Wort Gottes. Die aber auf dem Weg, das sind die, die es hören; danach kommt der Teufel und nimmt das Wort aus ihrem Herzen, damit sie nicht glauben und selig werden. Die aber auf dem Fels sind die: wenn sie es hören, nehmen sie das Wort mit Freuden an. Doch sie haben keine Wurzel; eine Zeit lang glauben sie und zu der Zeit der Anfechtung fallen sie ab. Was aber unter die Dornen fiel, sind die, die es hören und gehen hin und ersticken unter den Sorgen, dem Reichtum und den Freuden des Lebens und bringen keine Frucht. Das aber auf dem guten Land sind die, die das Wort hören und behalten in einem feinen, guten Herzen und bringen Frucht in Geduld. 

Lk 8,4-8 (9-15)

Der Autor

Reinhard Fiola ist Pastor und betreut das Projekt "Mitgliederbindung" im EMSZ Hannover.