Startseite Archiv Tagesthema vom 27. Januar 2015

Friedlich „Flagge zeigen“

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Es war beeindruckend, dass wieder deutlich über 1000 Menschen in die Marktkirche zum Friedensgebet gekommen sind. Die Stimmung war besinnlich und freundlich, im besten Sinne: konzentriert. Natürlich war nicht so viel Prominenz aus Politik und Kirche anwesend, wie beim ersten Mal. Aber wieder war der Anblick sehr schön von so vielen unterschiedlichen Glaubensanhängern der Religionen in Hannover, die nebeneinander beten.

Auch die Kundgebung um die Marktkirche verlief friedlich. Darum stört es mich als Bürger, wenn in der Tagespresse das Augenmerk so stark auf den Unruhen liegt, die es während der Gegendemo und auch bei den Hagida-Demonstranten gegeben haben soll. Warum wird das mehr betont, als die friedliche Kundgebung? Die Mehrheit tritt doch eindeutig friedlich auf.

Man weiß, dass eine Minderheit am Krawall interessiert ist und dafür die Öffentlichkeit geradezu sucht. Das muss nicht noch ständig in der Berichterstattung betont werden.

Fest steht aber auch, dass wir uns weiterhin gegen Pediga wenden werden, denn das Gedankengut, das von den Organisatoren dieser Bewegung kommt, ist zum Teil klar rechtsradikal. Zu einem Großteil dieser Leitthesen müssen wir als Kirche einfach „Nein“ sagen.

Was nicht heißt, dass ich nicht mit einzelnen Menschen, die sich derzeit Pegida oder ihr ähnlichen Gruppierungen zugehörig fühlen ins Gespräch komme. Im Gegenteil, mich erreichen momentan täglich Mails von Hagida-Anhängern, die mir ihre Sorgen entgegenhalten. Diese Mails beantworte ich und lade die Menschen auch zu mir ins Büro ein. Die Gespräche verlaufen erfreulich, weil man im Austausch Vieles klären kann. Meistens sind das Menschen mit einer politisch sehr konservativen Einstellung, die sich der Kirche aber verbunden fühlen und einfach von Angst und Unsicherheit geprägt sind.

Nach Zeitungsberichten sollen weiter jeden Montag Hagida-Demonstranten auf die Straße gehen und wir bedenken ernsthaft die Frage, ob wir vom Rat der Religionen auch jeden Montag ein Friedensgebet veranstalten. Für mich ist das die deutlichste Form „Flagge zu zeigen“ und für Frieden, Offenheit und Toleranz einzustehen.

Hans-Martin Heinemann, Stadtsuperintendent des Evangelisch-lutherischen Stadtkirchenverbandes

Rund 13.000 Menschen haben am Montagabend in Braunschweig, Bremen und Hannover erneut für Vielfalt und Toleranz demonstriert. Etwa 7.000 Menschen trafen sich der Polizei zufolge auf dem Bremer Marktplatz. In Braunschweig versammelten sich nach Angaben der Veranstalter 4.500 Demonstranten auf dem Schlossplatz. In Hannover kamen weit über 1000 Teilnehmer zu einem interreligiösen Friedensgebet in der überfüllten Marktkirche und rund 2000 zu einer anschließenden Kundgebung auf dem Platz davor zusammen. Mit rund 400 Demonstranten blieben die islamkritischen Gruppen „Bragida“ in Braunschweig und „Hagida“ in Hannover deutlich in der Minderheit.

„Tatkräftig und einfühlsam“

Tausende Menschen haben in Hannover erneut gegen die islamfeindliche Gruppe „Hagida“ demonstriert. Die Proteste begannen mit einem interreligiösen Friedensgebet in der evangelischen Marktkirche mit mehre als 1.000 Teilnehmern. „Wir bekennen uns zu einem bunten, multikulturellen und multireligiösen Miteinander,“ sagte Pastorin Hanna Kreisel-Liebermann nach dem Glockengeläut.

Am Abend gingen zugleich mehrere Hundert Anhänger der Gruppe „Hagida“ („Hannoveraner gegen die Islamisierung des Abendlandes“) auf die Straße. Neben dem Bürgerbündnis „Bunt statt braun“ aus Gewerkschaften, Kirchen, Parteien und Verbänden, das vor der Marktkirche demonstrierte, hatten linke Gruppen zur Protesten und Blockaden aufgerufen. Die Polizei bestätigte, dass der Initiator von „Hagida“ in der rechtsextremen Szene aktiv ist.

Beim Friedensgebet in der Marktkirche sprachen Vertreter von Christen, Juden, Muslimen und der Bahai-Religion. Pastorin Kreisel-Liebermann unterstrich: „All jenen, die meinen, dass Flüchtlinge, die vor Krieg und Hunger, vor Not und Elend flüchten, für uns bedrohlich seien, sagen wir: Nein, sie sind willkommen.“ Politik und Gesellschaft seien gefordert, „tatkräftig und einfühlsam“ die Willkommenskultur weiterzuentwickeln. Für die Stadt Hannover sprach Oberbürgermeister Stefan Schostok (SPD).