Startseite Archiv Tagesthema vom 12. Januar 2015

Das Votum der Hannoveraner

Die vollständige Darstellung von Archivmeldungen befindet sich noch im Aufbau. Schauen Sie in Kürze noch mal vorbei!

Bis zu 19.000 Menschen haben am Montagabend in Hannover ein Zeichen gegen die islamfeindliche „Pegida“-Bewegung gesetzt. „Wir wollen eine Gesellschaft, die tolerant ist und Respekt zeigt,“ sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) bei einer Großkundgebung in der Innenstadt unter Applaus. „Wir lassen uns nicht spalten.“

Zeitgleich versammelten sich am anderen Ende der Innenstadt unter dem Namen „Hagida“ („Hannoveraner gegen die Islamisierung des Abendlandes“) rund 150 bis 200 Anhänger der islamkritischen Bewegung.

Sie schwenkten Deutschland-Fahnen und hielten ein hölzernes Kreuz in die Höhe.

Das Video über das Friedensgebet und die Gegendemo in Hannover. Eine Produktion vom Evangelischen Kirchenfunk Niedersachsen (ekn).

Die Teilnehmer skandierten „Wir sind das Volk“, doch ihre Sprechchöre gingen in den Buh-Rufen und Pfiffen der rund 2.500 überwiegend autonomen Gegendemonstranten unter, die ihnen den Weg versperrten. Diese warfen immer wieder mit Böllern und Klopapier nach den „Hagida“-Anhängern. Die Polizei setzte Pfefferspray ein und erklärte die Demonstration nach einer Stunde für beendet. Die Auseinandersetzungen mit den Autonomen dauerten bis zum späteren Abend an.

Der islamische Verbandsvorsitzende Avni Altiner betonte bei der Gegendemonstration: „Wir Muslime gehören zu Hannover. Wir dürfen unsere Gesellschaft nicht spalten lassen, weder von Salafisten noch von Rechtsextremisten.“ Landtagspräsident Bernd Busemann (CDU) nannte die Demonstration ein „Votum gegen Nationalismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit.“

Der evangelische Landesbischof Ralf Meister rief die Teilnehmer zum aktiven Einsatz für Flüchtlinge auf. „Nicht 19 Sätze, sondern tausend kleine Schritte brauchen wir, die tolerant und behutsam sind“, sagte er unter Anspielung auf die „Pegida“-Bewegung. Zugleich warnte er davor, den Islam allgemein für den islamistischen Terror verantwortlich zu machen: „Die Frage ist nicht, ob das etwas mit Religion zu tun hat, sondern ob wir eine vielfältige Gesellschaft sein wollen.“

Die Gegendemonstration des Bürgerbündnisses hatte mit einem interreligiösen Friedensgebet in der evangelischen Marktkirche begonnen. Vertreter von Christen, Juden und Muslimen lasen dort Friedenstexte, Politiker riefen zum Zusammenhalt in der Stadt auf.

Der Zug führte zum Georgsplatz am Rand der Innenstadt, wo die Kundgebung mit einer Schweigeminute für die Opfer des Anschlags
auf die Redaktion der französischen Satire-Zeitschrift „Charlie Hebdo“ begann. Zahlreiche Institutionen und Geschäfte in der Innenstadt schalteten während der „Hagida“-Demonstration die Beleuchtung aus.

Auf dem verdunkelten Opernhaus war durch eine Lichtinstallation der Schriftzug „17.000 gegen Hagida - Hannover sagt Danke“ zu lesen. Zu der Demonstration gegen „Pegida“ unter dem Motto „Bunt statt braun“ hatte ein Bürgerbündnis aus Gewerkschaften, Parteien, Kirchen und Verbänden aufgerufen.

Der Beauftragte für den christlich-muslimichen Dialog der hannoverschen Landeskirche und Vorsitzender im „Haus der Religionen“, Wolfgang Reinbold, äußerte am Morgen im Internet erfreut: „Der ganze Weg zur Kundgebung war so verstopft, dass wir eine halbe Stunde lang vielleicht zehn Meter vorankamen. Einige brauchten eine Stunde vom Alten Rathaus bis zum Platz zum Weltausstellung - und als sie dann am Ende am Georgsplatz ankamen, war die Demo dort schon vorbei. Also: mindestens 25.000, wenn nicht 30.000 Teilnehmer werden es gewesen sein. Ein Riesenerfolg!“

epd/Redaktion

Position beziehen

Aufgrund der aktuellen Situation der Gesellschaft, den Einflüssen von „Pegida“ und deren Anfeindungen gegen Flüchtlinge und Muslime, ist auch die hannoversche Landeskirche gefragt, ihren Beitrag für ein gerechtes und tolerantes Miteinander der Menschen in Deutschland zu leisten.

In den vergangenen Wochen und Tagen waren die Meinungen und Einschätzungen der Vertreter von Kirche und weiterer religiöser Einrichtungen häufig gefragt.