Kirchentag in Nürnberg: "Die Stadt hat vibriert"

Der Wiesmoorer Pastor Quinton Ceasar predigt beim Schlussgottesdienst auf dem Hauptmarkt beim 38. Evangelischen Kirchentag in Nürnberg.

Bei gleißender Sonne erleben am Sonntagmorgen auf dem Nürnberger Hauptmarkt 18.000 Menschen einen von Musik geprägten Gottesdienst. Der Wiesmoorer Pastor Quinton Ceasar hat in seiner Predigt eine klare christliche und politische Botschaft.

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Nürnberg, Wiesmoor. „Genial, mutig, authentisch“: Josefine von Beschwitz ist begeistert von der Predigt von Pastor Quinton Ceasar beim Schlussgottesdienst des evangelischen Kirchentags in Nürnberg. „Er war gar nicht salbungsvoll, sondern anpackend.“ Viel Applaus bekommt der gebürtige Südafrikaner, als er ruft, „wir sind alle die 'Letzte Generation'“. 20.000 Kirchentagsbesucher sind auf den Hauptmarkt gekommen, vermutlich Hunderttausende erleben den Gottesdienst an den Bildschirmen.

Für queere Personen, Behinderte und Menschen anderer Hautfarbe oder geringen Einkommens sei es Zeit, ihren Platz einzufordern. „Denn es ist auch die Zeit für das Ende der Geduld“, nimmt der Pastor aus dem ostfriesischen Wiesmoor das Kirchentagsmotto „Jetzt ist die Zeit“ wieder auf: „Wir sind hier. Wir sind viele. Wir sind nie wieder leiser.“

Ingrid Piel (57) und Tiona Piel (17) aus Wachtberg sind wie viele andere Besucherinnen und Besucher bewegt von der Stimmung. „Ich fand es einen sehr schönen Abschluss. Mir ist jetzt sehr heiß und ich bin ein bisschen traurig, dass es zu Ende ist“, sagt Tiona. „Die Stadt hat vibriert“, meint Marlies Becker aus Bielefeld-Bethel.

Wie in den vergangenen Tagen haben sich zum Kirchentagsabschluss wieder viele die grün-gelben Kirchentagsschals um die Köpfe gewickelt, um sich vor der Sonne zu schützen, die schon am Vormittag herunterbrennt. Sonnencremes werden unter den Gästen herumgereicht. „Es ist so eine familiäre Atmosphäre, freundlich und achtsam“, sagt Marlies Bruning aus Düsseldorf. Sie sei so froh, den Schlussgottesdienst noch erlebt zu haben und nicht vorher nach Hause gefahren zu sein.

„Warum ist das nicht immer so“, ruft Kirchentagspräsident Thomas de Maizière in seinem Schlusswort von der Bühne. Respektvoll, konzentriert, hörend, sachkundig, „im guten Sinne kontrovers“ sei der Kirchentag gewesen. „Wenn es gelingt, die harten und streitigen Themen auf diese Weise zu bearbeiten, dann hätte der Kirchentag unserem Land gedient.“ Ingrid Piel aus Wachtberg stellt fest: „Es ist Aufbruchsstimmung.“

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Die designierte Kirchentagspräsidentin für Hannover, Anja Siegesmund, und Landesbischof Ralf Meister laden zum Kirchentag 2025 nach Hannover ein.

Bewegt sind die Menschen nicht nur von den Worten, sondern auch der Musik, die den Abschlussgottesdienst prägt. Annegret Petersen aus Castrop-Rauxel war zunächst skeptisch, ob so viel alte Musik ihr gefallen würde: „Aber das hat ja am Ende dann doch ziemlich gut geklappt.“ „Ich freue mich auf Hannover“, sagt nach dem Gottesdienst Melanie Vrablik aus dem Lahn-Kreis. Von der Empore der Frauenkirche am Hauptmarkt hängt nun ein meterlanges Transparent: „Ihr werdet Hannover lieben“ steht darauf. Der nächste Kirchentag findet 2025 in der niedersächsischen Landeshauptstadt statt.

Ruhig und friedlich strömen die Gottesdienstbesucher am Ende in alle Himmelsrichtungen vom Hauptmarkt. Die Mitglieder des Posaunenchors Diepholz mit ihren Instrumentenkoffern treffen in der Burgstraße gleich wieder die erste Flusskreuzfahrten-Stadtführung. Wie es Pfarrerin Sabrina Wilkenshof zum Abschluss des Gottesdienstes sagte: „Jetzt ist die Zeit für Alltag: normal, chaotisch, gesegnet“.

Jutta Olschewski / epd