Startseite Archiv Nachricht vom 14. November 2019

Friedensbeauftragter wirbt für Neugestaltung des Volkstrauertages

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Hannover. Der Friedensbeauftragte in der hannoverschen Landeskirche, Pastor Lutz Krügener, ruft dazu auf, den Volkstrauertag am Sonntag (17. November) als einen Mahntag für den Frieden zu gestalten.

Etliche Gedenkorte strahlten noch den Militarismus der 1920er und 30er Jahre aus, sagte Krügener am Dienstag in Hannover. Noch zu selten würden Opfergruppen wie Zwangsarbeiterinnen, Sinti und Roma, Juden oder auch Deserteure in die Erinnerung einbezogen oder an aktuelle Kriege gedacht.

Einige der bisherigen Formen des Gedenkens bergen aus Krügeners Sicht die Gefahr, von Rechtsextremisten vereinnahmt zu werden.

Die hannoversche Landeskirche rufe dazu auf, besonders aufmerksam zu sein und die jeweilige lokale Geschichte aufzuarbeiten.

"Dies kann auch ein konkreter Beitrag sein, dem stärker werdenden Antisemitismus etwas entgegenzusetzen." Es gelte, den heutigen Opfer von Kriegen und Gewalt eine Stimme zu geben. Dazu zählten etwa Kriegsflüchtlinge.

"Inhaltlich und in seinen Formen muss der Volkstrauertag klar erkennbar ein Mahntag für den Frieden sein", forderte Krügener.

"Rituale und die Gedenkorte müssen daraufhin gestaltet sein, dass sie die Botschaft der Trauer um alle Opfer von Gewalt und zugleich das Streben nach Versöhnung und Völkerverständigung transportieren."

Alles Nationalistische und Militaristische dürfe dabei keinen Platz finden. Insbesondere sollten junge Menschen an der Gestaltung des Volkstrauertages beteiligt werden.

Gleichwohl sei der Gedenktag in der vergangenen Jahrzehnten im Wandel, sagte Krügener. Im vergangenen Jahr habe der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Niedersachsen eine "Neuorientierung des Volkstrauertages als Friedens- und Gedenktag" herausgegeben, an der auch die Landeskirche mitgearbeitet habe.

Die Kirche habe zudem Materialien zur Neugestaltung des Gedenktages und von Kriegerdenkmälern erarbeitet. In vielen Gemeinden habe sich bereits etwas verändert.

epd Landesdienst Niedersachsen-Bremen

Am Volkstrauertag gedenkt Deutschland der Toten von Krieg und Gewaltherrschaft. Der nationale Gedenktag für die Opfer der beiden Weltkriege und des Nationalsozialismus findet jeweils zwei Sonntage vor dem ersten Advent statt, in diesem Jahr am 17. November. Zahlreiche Veranstaltungen an diesem Tag sollen zur Versöhnung und Völkerverständigung beitragen und rufen zu Toleranz und Frieden auf. Die zentrale Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag findet am frühen Nachmittag im Plenarsaal des Deutschen Bundestages statt.

Der Volkstrauertag wurde in der Bundesrepublik Deutschland 1952 auf Anregung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge wieder eingeführt. Die Ursprünge reichen bis in das Jahr 1922, als im Reichstag der Weimarer Republik die erste offizielle Feierstunde stattfand. Damals veranstaltete der Volksbund eine Feier, um das Gedenken an die Millionen Kriegstoten des Ersten Weltkrieges zu
wahren. Die Nationalsozialisten wandelten den Volkstrauertag nach der Machtübernahme 1933 in einen «Heldengedenktag» um, der bis 1945 jährlich im März stattfand.

epd

Gedanken zum Volkstrauertag

37 Opfer in Northeim

75 Jahre ist es her, dass die Stadt Northeim in Südniedersachsen angegriffen wurde. Am 12. September 1944 zogen amerikanische Kampfflugzeuge in Formation über die Stadt und warfen ihre tödliche Last ab. Noch zwei weitere Mal wurde Northeim bombardiert. Die Ziele waren vor allem die Eisenbahnlinien. Bei jenem ersten Angriff auf Northeim vor 75 Jahren starben 37 Menschen.

37 Tote - von geschätzten 55 Millionen Toten, die der Zweite Weltkrieg forderte. In Kirchen und an Gedenkstätten wird heute an die Opfer erinnert. Eine unvorstellbare Zahl. Die weißen Grabsteine in Reih und Glied auf manchen Kriegsgräberstätten sind stumme Zeugen dieses Dramas. 55 Millionen Tote in sechs Jahren - das sind 17 Tote in einer Minute. Oder anders gesagt: jede dritte Sekunde stirbt ein Mensch. 

Unter diesen Opfern ist auch der Schuljunge, der am 12. September 1944 in dem Northeimer Haus war, das am schwersten von den Bomben getroffen wurde. Unter ihnen ist auch das amerikanische Besatzungsmitglied des Bombers, der über Northeim abgeschossen wurde. Sein Fallschirm öffnete sich nicht. Die Opferzahl erhöht sich um viele weitere Millionen, wenn wir die Opfer der Gewalttaten einbeziehen: Unter den Opfern ist auch das jüdische Mädchen, das in der Stadt Northeim zur Schule ging und dessen Spur sich in Auschwitz verliert.

Wie gut, dass an den Orten, an denen einst erbittert gekämpft wurde, heute Erinnerungen wachgehalten, Gedenkstätten gepflegt und Freundschaften geschlossen werden. Dies ist ganz im Sinne der Jahreslosung für 2019: „Suche Frieden und jage ihm nach“ (Psalm 34,15). Der Volkstrauertag sollte auch ein Weltfriedenstag sein.

Jan von Lingen, Superintendent Kirchenkreis Leine-Solling