Startseite Archiv Nachricht vom 05. November 2019

Diakonie in Niedersachsen zu Sanktionen für Hartz-IV Bezieher

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Hannover. Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem heutigen Urteil festgelegt, dass Leistungen der Grundsicherung das Existenzminimum absichern und jede Kürzung in seiner Verhältnismäßigkeit so ausgestaltet sein muss, dass die Kürzung innerhalb eines Jahres 30% des Regelbedarfs nicht übersteigen oder gar vollständig wegfällt.

Bereits in der schriftlichen und mündlichen Anhörung hat sich die Diakonie deutlich gegenüber Sanktionen im SGB II positioniert. Vorstandssprecher Hans-Joachim Lenke schlug vor: „Angemessen und sinnvoll wäre es, genau anders herum zu agieren und den Betroffenen ein modernes Beratungs- und Anreizsystem anzubieten, das sie motiviert, den Leistungsbezug zu verlassen. Dazu ist auch nötig, dass die Sachbearbeitenden nach den Ursachen für Meldeversäumnisse oder nicht wahrgenommene Termin fragen und in der Beratung Ermessensspielräume nutzen können.“

In der Praxis erleben die Beratungsstellen der Diakonie in Niedersachsen, dass Sanktionen häufig die „Falschen“ treffen. Die Mehrzahl der Sanktionen wird wegen mangelnder Mitwirkung ausgesprochen, das heißt Menschen nehmen vorgegebene Termine nicht wahr oder reichen Unterlagen verspätetet ein.

In den meisten Fällen treffen Sanktionen Menschen, die sich akut in einer schweren Lebenskrise befinden, psychisch erkrankt sind oder durch fehlende Bildung im Umgang mit Behörden überfordert sind. Sanktionen wirken bei diesen Menschen doppelt. Sie verstärken die Lebenskrise oder die Krankheit. Die Menschen erleben sich als nicht handlungskompetent und hilflos dem System ausgeliefert. Gleichzeitig führen sie zu einer nachhaltigen Verschlechterung der objektiven Situation. Bezieher*innen von SGB II haben keinen finanziellen Handlungsspielraum oder gar Ersparnisse. Es drohen die Kündigung der Wohnung oder Stromsperren. Oftmals ist die Kürzung von Leistungen der erste Schritt in die Überschuldung.

Fragwürdig ist ebenso die „Mithaftung“ von Familienangehörigen. Die Kürzung der Leistung trifft nicht nur Einzelne, sondern auch die Menschen, mit denen sie zusammenleben. Dadurch sind auch Kinder von Sanktionen betroffen. „Kinder dürfen nicht die Leidtragenden sein in einer Auseinandersetzung zwischen Eltern und Behörde. Deshalb brauchen wir eine eigenständige Kindergrundsicherung, die die Existenzsicherung und Zukunftschancen der Kindergewährleistet", so Lenke.

Öffentlichkeitsarbeit der Diakonie in Niedersachsen