Startseite Archiv Nachricht vom 02. Januar 2019

Forderung nach Debatte über soziale Gerechtigkeit

Die vollständige Darstellung von Archivmeldungen befindet sich noch im Aufbau. Schauen Sie in Kürze noch mal vorbei!

Hannover. Die Politik in Deutschland sollte der sozialen Gerechtigkeit nach Ansicht von Niedersachsens Diakonie-Vorstandssprecher Hans-Joachim Lenke mehr Aufmerksamkeit schenken. "Wir haben eine stetige Zunahme von Vermögen und Reichtum", sagte Lenke in Hannover im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Wirtschaftlich stehe das Land gut da. "Was mich verstört, ist dass es gleichzeitig eine Verstetigung von Armut gibt."

Ein Teil der Bevölkerung sei vom wirtschaftlichen Aufschwung abgekoppelt. Dazu zählten Familien mit vielen Kindern, Alleinerziehende, Langzeitarbeitslose, Migranten und zunehmend auch alte Menschen. "Wir reden über Klimawandel oder Fachkräftemangel, auch das ist wichtig", sagte Lenke. "Dass wir dabei sind, ganze Teile der Gesellschaft zu verlieren, ist aber zu wenig Thema."

Wichtig sei es, schon bei den Kindern anzusetzen, damit alle gleiche Chancen erhielten, betonte Lenke. "Ein entscheidender Schlüssel ist die Bildungsgerechtigkeit." Deshalb müsse in Angebote wie Familienzentren investiert werden. Die soziale Spaltung im Land werde zu wenig wahrgenommen. "Wir sind oft in geschlossenen sozialen Milieus unterwegs und sehen vieles nicht", sagte er. "Jeder definiert für sich: Reich ist der, der mehr hat als ich."

Der Diakonie-Leiter warb deshalb für mehr Begegnungsorte von Menschen aus unterschiedlichen sozialen Milieus. Dazu könnten Kindergemeinden mit ihrer Gemeinwesenarbeit beitragen. "Das Gemeindehaus ist oft der einzige öffentliche Raum im Dorf oder Stadtteil ohne Verzehrzwang", sagte er. "Das ist für Menschen mit wenig Geld relevant." Das Modell der "Vesper-Kirche" für bedürftige Menschen etwa sei beispielhaft. Kern des Angebots ist zum Beispiel ein warmes Mittagessen. In Hannover hat es einen solchen Treffpunkt mit Kultur, Begegnungen und gemeinsamen Essen in der Kirche bereits gegeben. Dort und in Braunschweig sei die Aktion auch für das kommende Jahr geplant.

Wohnquartiere sollten Lenke zufolge gemischt sein und möglichst auch sozialen Wohnungsbau bieten. Dafür seien rechtliche Regelungen wichtig. "Die Marktlogik sagt, ich baue am besten nur Lofts." Die Diakonie ist Mitglied in dem von Niedersachsens Bauminister Olaf Lies (SPD) gegründeten "Bündnis für bezahlbaren Wohnraum". Das Bündnis diskutiere kontrovers auch über eine Herabsetzung von Baustandards zu Kostensenkung, sagte er. Er selbst sei da pragmatisch. Es dürfe jedoch nicht sein, dass große Immobilienfirmen etwa in die Dämmung nicht investierten, weil dies angeblich politisch nicht gewollt sei. Das gehe zulasten der Mieter: "Energiekosten werden dann zur zweiten Miete."

epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen