79 gewählte Jugendsynodale aus ganz Niedersachsen treffen sich am Freitag in Hannover und wollen gemeinsam mit den Mitgliedern der Landessynode über viele wichtige Zukunftsthemen diskutieren. Wir haben einige der Jugenddelegierten vorab gefragt, was Kirche für sie persönlich bedeutet - und was sie in Zukunft daran ändern wollen.
Mette Josephine Detert (18 Jahre), Kirchengemeinde Aerzen

"Ich bin bei der Jugendsynode dabei, weil ich durch das Ehrenamt in meiner Kirchengemeinde in Aerzen viele Erfahrungen sammeln durfte, die mich in meinem Leben weitergebracht haben. Ich möchte mich dafür einsetzen, dass es anderen auch so gehen kann und Kirche weiter reizvoll für Jugendliche bleibt.
An Kirche begeistert mich, dass man durch gemeinsame Projekte und Aktionen über den eigenen Horizont hinauswachsen und mit anderen gemeinsam so viel bewegen kann. Andere begeistern können wir aus meiner Sicht immer dann, wenn wir offen für Neues sind und andere unsere Gemeinschaft erleben lassen.
Gerade rund um die Konfirmation wollen viele nichts mehr von Kirche hören. Ich denke, dass das passiert, wenn Kirche gar nicht versucht, Konfirmandinnen und Konfirmanden zu erreichen und stattdessen lieber den altbewährten Trott beibehält. Von daher sollte Kirche in Zukunft versuchen, verstärkt junge Menschen zu erreichen - und sich etwa zu Themen äußern, die ihnen am Herzen liegen. Auch über soziale Netzwerke können viele junge Menschen erreicht werden."
Hanna Kruse (18 Jahre), Kirchengemeinde Moordorf

"Ich bin bei der Jugendsynode dabei, weil ich selbst mit Begeisterung zur Kirche gehe und möchte, dass es anderen Menschen - vor allem jungen - auch so geht.
In unserem Kirchenkreis verstehen wir uns alle gut, im besten Sinne wie eine Familie. Wir machen zusammen Konfiunterricht und Gremienarbeit und sind durch viele Aktionen und Gespräche eng zusammengewachsen. Diese Gemeinschaft begeistert mich immer wieder. Und so ein Zufluchtsort tut jedem gut - ob im Glauben oder in anderen Dingen.
Auf Social Media sollte mehr über die Strukturen und Organisation von Kirche berichtet werden. Denn dort erreicht man sehr viele Menschen - und ich finde, jeder und jede sollte mit dem Wort "Synode" etwas anfangen können.
Mit meiner Arbeit möchte ich Vorurteile aufräumen und verdeutlichen, warum Kinder- und Jugendarbeit wichtig ist, um jungen Menschen den Glauben näher zu bringen. Insgesamt finde ich: Kirche ist auf einem guten Weg. Allerdings muss, trotz aller gegenteiligen Statements, der Satz "Das haben wir schon immer so gemacht“ verschwinden."
Swen Wiemers (25 Jahre), Kirchengemeinde Frielingen-Horst-Meyenfeld

"Ich bin bei der Jugendsynode dabei, weil man hier eine Menge erreichen und bewegen kann. Seit mehr als zehn Jahren engagiere ich mich als Teamer ehrenamtlich in Kirche und Evangelischer Jugend. Ich habe gesehen, was für ein immenser Spirit entstehen kann, wenn viele junge Menschen zusammen sind und sich mit Glauben aber auch mit alltäglichen Dingen auseinander setzen.
Mir ist aber auch wichtig, dass Kirche auf keinen Fall nach dem Motto "Das haben wir doch immer schon so gemacht“ arbeitet. Wie würde es einem Unternehmen gehen, das auf diese Weise agiert? Es ginge wohl pleite. So soll doch unsere Zukunft nicht aussehen. Kirche sollte sich stattdessen einmischen zu queeren Themen, Umweltschutz, Politik, Nachhaltigkeit. Ich weiß, dass über viele Dinge schon gesprochen wird - aber da geht auf jeden Fall noch mehr.
Ich würde Kirche einfach gerne wieder attraktiver machen und so reformieren, dass sich vor allem Jugendliche wieder abgeholt fühlen von ihren Angeboten und sich mit dem eigenen Glauben auseinandersetzen."
Mehr Statements von Jugendsynodalen
Wir haben junge Delegierte gefragt: Warum engagiert Ihr Euch in und für Kirche? Die Antworten sind voller Energie - und sehr persönlich.

Eddie Hillgert (15), Kirchengemeinde St. Martin Göttingen:
"Ich bin dabei, weil immer weniger Jugendliche einen Bezug zur Kirche haben und auch immer schlechter über die Kirche denken. Damit sollte Kirche sich unbedingt auseinandersetzen! Denn gerade Jugendarbeit ist so wichtig. Ich finde es toll, mich engagieren zu können. Denn ich möchte die Kirche zu einem schöneren und jugendfreundlicheren Ort machen. Kirche sollte möglichst vielen Menschen im Alltag begegnen und zwar dort, wo sie sind. Vielleicht sollte man einmal über einen "digitalen Schaukasten" auf Instagram nachdenken? Oder über einen Gottesdienst mit Virtual Reality? Wichtig ist mir, dass bei allen Angeboten auf die Sorgen und Wünsche der Menschen eingegangen wird."

Merle Dützer (18), Kirchengemeinde St. Nikolai Diepholz:
"Ich bin dabei, weil ich für diejenigen sprechen möchte, die vielleicht Angst haben oder sich einfach nicht trauen. Früher war mir selbst mein Engagement in der Kirche manchmal peinlich, aber heute stehe ich zu mir selbst und zu meinem Glauben. Mich begeistert es, dass ich über die Kirche immer wieder neue Menschen kennenlerne. Es könnten aber noch mehr Jugendliche dabei sein und ihre Ideen sollten auch mehr angehört werden. Kirche muss sich gar nicht so sehr verändern - aber sie sollte unbedingt versuchen, Menschen spielerischer zu erreichen und vielleicht auch einfach mal verrückte Ideen umsetzen."

Andre Soltau (22), Kirchengemeinde Pattensen (bei Winsen/Luhe)
"Ich wurde in der Jugendarbeit meiner Gemeinde gefördert und habe dort ein richtiges Zuhause gefunden. Ohne diese Erfahrungen wäre ich nicht der Mensch, der ich heute bin. Genau das möchte ich auch anderen ermöglichen.
Ein Leben mit Gott ist das Beste, was einem Menschen passieren kann. Und Kirche kann ein Ort sein, wo junge Menschen das erleben.
Manchmal hat Kirche aber einen extremen Overload an Orga und schwerfälligen Strukturen. Da wird dann oft nur politisch diskutiert und der Fokus auf die konkrete Arbeit, besonders Jugendarbeit, geht verloren.
Dabei hat Kirche so viele Stärken! Denn sie kann Menschen zusammenbringen, die sich sonst nie kennengelernt hätten. Ich denke, wir sollten uns weniger mit Verwaltung und abstrakter Organisation beschäftigen und mehr in die Ausbildung von Ehrenamtlichen investieren. Damit Jugendarbeit langfristig und nachhaltig an vielen Orten bleiben und neu entstehen kann!"

Kristin Schneider (22), Lukas-Gemeinde im Kirchenkreis Wolfsburg-Wittingen
"Ich engagiere mich seit Jahren in der Evangelischen Jugend. Mich begeistern die Gemeinschaft und die Möglichkeit, gemeinsam den Weg zum ganz persönlichen Glauben zu finden. Kirche kann aus meiner Sicht auch im sozialen Bereich etwas bewegen: etwa durch personell gut besetzte Kindertagesstätten, Altenheime, Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser.
Was mich nervt? Dass wir uns in Kirche oft mehr als anderswo mit Veränderung schwer tun. Ich glaube, da könnten wir uns das Leben oft leichter machen. Es ist an der Zeit, die vielen Konzepte, Zukunftswerkstätten und so weiter endlich in die Tat umzusetzen und Kirche neu zu denken.
Und Menschen ausschließen, weil angeblich "Gottes Wille" dagegen spricht, das geht gar nicht. Aus meiner Sicht muss Kirche für jede Person offen sein, die Glauben erleben will und anderen Menschen mit ihrem Handeln nicht schadet. Wir sollten immer ganz bewusst für Gleichberechtigung in allen Bereichen kämpfen."

Lasse Kück (26), Kirchengemeinde Wilstedt im Kirchenkreis Osterholz-Scharmbeck
"Kirche ist bei jungen Leuten häufig ein Ausdruck für alt und schwerfällig. Ich dagegen sehe für die Zukunft der Kirche Chancen und Möglichkeiten und möchte, dass sie wieder mehr Menschen anspricht. Auch deshalb bin ich bei der Jugendsynode dabei - denn nur durch demokratische Entscheidungen lässt sich dieses Ziel umsetzen.
Ich sehe in meiner ehrenamtlichen Arbeit jeden Tag den positiven Einfluss, den kirchliche Kinder- und Jugendarbeit auf die junge Generation hat. Empowerment, Einstehen für die Schöpfung und ein verbessertes Selbstbewusstsein sind nur ein paar Besipiele. Die seelsorgerische Begelitung von Menschen in Krisen habe ich immer als eine der wertvollsten Aufgaben von Kirche gesehen.
Jugendliche und junge Erwachsene sollten mehr an Entscheidungsprozessen in der Kirche beteiligt werden. Wir sind die Zukunft und die Zukunft sollte auch hauptsächlich von uns gestaltet werden. Kirche muss jünger werden, nachhaltiger, zukunftsorientiert, theologisch und spirituell ansprechend und vor allem wieder ein Ort für alle Menschen werden.
An Kirche begeistert mich die Gemeinschaft, die mich in vielen Lebenslagen begleitet. Ich kann über Zweifel im Glauben sprechen und habe bei allem, was ich tue, eine Verbindung mit vielen anderen Menschen. Zugleich ist Kirche ist ein altes schwerfälliges Schiff, das sehr lange für Veränderungen braucht. Viele Veränderungen, die in den nächsten Jahren kommen werden, hätten schon vor zwanzig Jahren passieren können."
Alexander Nortrup / EMA