
„Wenn man in einem Container in Afghanistan sitzt, mehr als 4.000 Kilometer weg von zu Hause, und einem die Raketen nur so um die Ohren fliegen, muss man wissen, warum man das tut.“ Jürgen Stahlhut weiß warum - er hat Situationen wie diese selbst erlebt. Der Militärpfarrer war zweimal im Auslandseinsatz, von 2001 bis 2002 für ein halbes Jahr in Bosnien und von 2006 bis 2007 für vier Monate in Afghanistan, beide Male über Weihnachten. Damals sprach man nicht von Krieg – aber für viele Soldaten fühlte es sich so an.
Als Militärpfarrer hielt Jürgen Stahlhut mit ihnen Gottesdienste, war aber vor allem auch als Seelsorger für die Soldaten da. „Wo die Schafe sind, ist der Hirte“, so fasst er sein Berufsverständnis zusammen. Kein Wenn, kein Aber. Seit November ist er offiziell Pfarrer in der Theodor-Körner-Kaserne Lüneburg. Er wird noch einmal in einen Auslandseinsatz gehen, vielleicht 2021. „Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich wieder die Weihnachtszeit wählen“, sagt er. „Das ist auch für Pfarrer ein sehr intensives Erlebnis und die Soldaten sind aufgeschlossener, was Religion angeht.“
In Bosnien haben „seine“ Soldaten ein lebendiges Krippenspiel nachgestellt, erzählt er: einen Stall gezimmert, mit einem Soldaten als Jesus in der Krippe und hanfbehangenen lebensgroßen Schafen auf Rollen. „Wenn sie etwas machen, dann mit 200 Prozent“, sagt Stahlhut und lacht. Dabei sei egal, welche Religion jeder einzelne hat: „Ein Einsatz schweißt zusammen. Die Konfessionsgrenzen verschwimmen.“ Manche, die zu Hause nichts mit Kirche zu tun haben, kämen im Einsatz gern in den Gottesdienst und suchten einen Moment der Ruhe. „Manchmal sind von den 300 Soldaten im Lager 80 bis 100 im Gottesdienst – über diese Quote würde man sich in Deutschland sehr freuen."