Und dann geht es auf schmalen Holztreppen auf zur Empore. „Warum hängt da ein Spiegel über dem Platz des Organisten?“, fragen die ersten Kinder oben angekommen. „Damit ich mich vor dem Spielen schön machen kann“, antwortet Isabelle Grupe augenzwinkernd. Nein, in Wirklichkeit dient der Spiegel dazu, den Pastor im Gottesdienst hinter sich zu sehen, erklärt sie den Kindern.
Und noch etwas ist komisch. Grupe zieht alte Ballerinaschuhe an. „Die Orgel kann man auch mit den Fußpedalen spielen“, sagt sie. „Mit den groben Straßenschuhen treffe ich aber manchmal mehrere Pedalen gleichzeitig.“ Natürlich muss sie genau das einmal vormachen. Die Kinder freut es.
Dann gibt es da noch die Register. Seitlich neben dem Sitzplatz stecken reiheinweise Holzknaufe die bezeichnet sind mit Namen wie Spitzflöte, Quinte oder Prinzipal. Jeder Knauf lässt sich ein Stück weit herausziehen. „Das sind die Register. Mit denen bestimme ich den Klang und die Lautstärke“, erklärt Grupe. Das Sprichwort „Alle Register ziehen“, kennen die Kinder zwar nicht. Doch sie wollen wissen, was passiert, wenn man das tut.
„In einem Konzert zieht man nie alle Register, denn dabei kommt nur ein Klangbrei heraus“, sagt die Musikerin. Doch das hier ist ja kein Konzert. Also: „Das wird laut“, kündigt sie an. Alle halten sich die Ohren zu. Tatsächlich ist das Spiel lauter als zuvor, doch die Kinder scheinen mit Schlimmerem gerechnet zu haben.
Dann dürfen auch sie an das Instrument. Vorsichtig drücken sie die Pedalen und ziehen die Register. Und zum Abschluss spielen sie hier oben dirigiert von Josephine Werth nochmal „Der Mond ist aufgegangen“ auf ihren Holzpfeifen. Eindeutig haben die Kinder viel entdeckt in dieser besonderen Schulstunde. Nicht nur die Orgel ihres Heimatortes, sondern vielleicht auch ein neues Hobby.
Stefan Korinth