Startseite Archiv Tagesthema vom 06. Januar 2015

Viel Grund zum Optimismus

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Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat sich deutlich gegen „dumpfe Ausländerfeindlichkeit“ gewandt. Alle Freunde des Grundgesetzes müssten in solchen Fällen klar und konsequent ihre Ablehnung zeigen, sagte er beim 65. Epiphanias-Empfang der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers im Kloster Loccum bei Nienburg. Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister nannte die islamfeindliche „Pegida“-Bewegung eine Irritation. Trotzdem gebe es im neuen Jahr viel Grund zum Optimismus.

Weil und Meister sprachen vor rund 140 geladenen Gästen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, unter ihnen weitere Mitglieder der niedersächsischen Landesregierung. Das Treffen im historischen Speisesaal des 1163 gegründeten Klosters gilt seit Jahrzehnten als Auftakt des politischen Jahres im Bundesland.

Weil brachte seine Sicht auf die Formel: „Keinerlei Nachgiebigkeit gegenüber Ausländerfeindlichkeit, Nachdenklichkeit gegenüber Sorgen und Ängsten dagegen sehr wohl - das scheint mir der richtige Weg zu sein.“ Die Landesregierung müsse Menschen in Not Zuflucht und Sicherheit geben, andere aber respektvoll und konsequent veranlassen, Deutschland wieder zu verlassen. Flüchtlinge aus Syrien oder dem Irak würden zu 99 Prozent anerkannt, Asylbewerber aus den Balkanstaaten dagegen zu 99 Prozent abgelehnt.

„Die Bürgerinnen und Bürger müssen sich darauf verlassen können, dass das Grundrecht auf Asyl am Ende denen zugutekommt, für die es gemacht ist,“ hob der Ministerpräsident hervor. Diese Flüchtlinge würden Deutschland nicht so schnell wieder verlassen: „Die Flüchtlinge von heute sind in sehr vielen Fällen unsere Nachbarn von morgen.“ Ihnen müsse die Integration in das Gemeinwesen konsequenter ermöglicht werden, als dies in der Vergangenheit der Fall gewesen sei.

Landesbischof Meister zeigte sich optimistisch, dass die Integration der Flüchtlinge gelingt. „Ich bin voller Hoffnung, dass auf der Grundlage unserer Verfassung und mit dem großen Engagement der Zivilgesellschaft die Herausforderung einer ethnisch, religiös und politisch vielfältigen Gesellschaft gestaltet werden wird,“ sagte er.

Die von den „Pegida“ - Demonstrationen ausgelöste Debatte dürfe weder mit verklärten noch mit historisch falschen Bildern und schon gar nicht mit völkischen Tönen oder rechtsextremen Einstellungen geführt werden, betonte der Bischof. Erst recht dürfe es keine Auseinandersetzung werden, die den Islam und das Christentum instrumentalisiere. Hier hätten auch die Medien eine Verantwortung: „Eine gewisse Berichterstattung verstärkt eher das diffuse Phänomen.“

epd

„Die Furcht bewegt mich sehr“

...Vor dem Weihnachtsfest bin ich mehrfach gefragt worden, ob denn nicht alles schlimmer geworden sei, mit den Krisen und den schrecklichen Nachrichten in der Welt? Vielleicht ist es so. Die Schlagworte der Krisen breiten sich überall gleichlautend aus: Krim, Ukraine, Nordirak, Syrien, IS-Terror, Flüchtlingswelle über das Mittelmeer. Aber können wir das ehrlich sagen: Es ist schlimmer geworden? Ich habe mit meiner Mutter, 82-jährig, darüber gesprochen. Sie ist als Jugendliche aus Pommern nach Schleswig-Holstein geflohen.1945. Im vergangenen Jahr hat sie sich manche Sendung über den Ausbruch des zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren nicht anschauen können. „Schlimm war es immer schon“, sagt sie.

„Aber schau Dir Europa an, bleibt das nicht ein großes Hoffnungszeichen?“ Fortdauer von Krieg und Gewalt schüren Angst und machen hoffnungslos. So bewegen mich die Furcht und die wachsende Sorge in unserer Gesellschaft sehr. Doch woher kommt der Eindruck, dass es schlimmer geworden sei? Hoffnungen auf Frieden und Gerechtigkeit sind nicht erfüllt worden. Vor allem aber sind geprägte Verhaltensnormen, sind Sitte und Gewohnheit keine Ordnungen mehr, die Sicherheit herstellen.

Eine Fragmentierung unserer Gesellschaft und ein fortwährender beschleunigter Wandel machen orientierungslos oder ermüden. Aufklärung, Wohlstand und Demokratie sind keine Prozesse, die sich wie von selbst entfalten und stabilisieren. Nur mit größter Vorsicht sollten wir je behaupten, andere seien noch nicht dort angekommen, wo wir uns befinden...

Landesbischof Ralf Meister (Auszug aus der Ansprache)