Stütze für die Seele

Kriege, Krisen, Pandemien, Katastrophen und individuelle Schicksalsschläge belasten die Seele und können krank machen. Am 10. Oktober, dem Welttag der seelischen Gesundheit, soll es deshalb darum gehen, der Angst das Gewicht zu nehmen.
Ein Smartphone liegt auf einem dunklen Holztisch. Es zeigt den Kontakt "Telefonseelsorge" und die Nummern 0800 1110111 und 0800 1110222

Dazu rufen Weltgesundheitsorganisation (WHO) und World Federation for Mental Health (WFMH) als Initiatoren auf. Auch in der kirchlichen Seelsorge sind Menschen intensiv darum bemüht, bei Traumata zu helfen.

Eine mögliche Folge stressbeladener und angsterfüllter Erfahrungen ist das Erleiden eines Traumas. Das Wort stammt aus dem Griechischen und bedeutet soviel wie Wunde. Ein Trauma ist also eine psychische Wunde, die weder wie eine physische Wunde direkt sichtbar ist noch gänzlich abheilen und verschwinden kann. 

Eine weiblich gelesene Person mit schwarz-weißer Bluse und kurzen braunen Haaren lehnt an einer hölzernen Wand.
Anita Christians-Albrecht ist Altenseelsorgerin in der Landeskirche Hannovers.

Auch in der kirchlichen Seelsorge sind Menschen intensiv darum bemüht, bei Traumata zu helfen. Dafür gibt es den zunehmend eigenständigen Seelsorgebereich der traumasensiblen Seelsorge – und zugleich Hilfe in den bereits etablierten Seelsorgebereichen, etwa bei Alten- und Telefonseelsorge. Schon in der Ausbildung findet das Thema immer häufiger seinen Platz, denn unter denen, die die seelsorgerlichen Angebote der Kirchen annehmen, sind immer wieder auch Menschen, die unter Traumafolgestörungen leiden. 

Daniel Tietjen, Leiter der Telefonseelsorge Elbe-Weser in der Landeskirche Hannovers, und Altenseelsorgerin Anita Christians-Albrecht wissen, dass Angst ein entscheidender Auslöser ist. Der Ausbruch des Ukraine-Krieges und die damit verbundenen Ängste haben den Bedarf an seelsorgerlicher Begleitung merklich ansteigen lassen, sagen sie.

Eine weiblich gelesene Person mit schwarz-weißer Bluse und kurzen braunen Haaren lehnt an einer hölzernen Wand.
Anita Christians-Albrecht ist Altenseelsorgerin in der Landeskirche Hannovers.

Stichwort: Trauma

Eine mögliche Folge stressbeladener und angsterfüllter Erfahrungen ist das Erleiden eines Traumas. Häufig hängt es an den Bewältigungsstrategien des Einzelnen, wie er oder sie eine belastende Situation bewältigt oder eben nicht bewältigen kann. So können Traumafolgestörungen alle treffen, Kinder genauso wie Erwachsene. Oft bleiben die unsichtbaren Wunden unentdeckt. Es sind meist Reize von außen, sogenannte Trigger, die Betroffene ganz plötzlich und unerwartet in die traumatischen Erfahrungen zurückwerfen. Dabei ist es ganz unterschiedlich, was als Trigger fungiert. Im Prinzip aber kann es alles sein. Nachrichten, akustische Signale, ein Duft, eine Berührung. 

Altenseelsorgerin Anita Christians-Albrecht hat vor allem die Kriegskinder (Jahrgänge 1927-45) und Kriegsenkel (1950-75) des Zweiten Weltkriegs im Blick, wenn sie an das Thema Trauma denkt. „Bombenkeller, Flucht, Morde, Vergewaltigung, Ängste, Hunger: alles Sachen, die schon alleine gereicht hätten, um jemanden zu traumatisieren, die haben diese Menschen oft gehäuft erlebt.“ Es sind diese Erlebnisse, die die Menschen häufig ihr Leben lang begleiten. Ein großer Teil dieser Menschen lebte dann einen ganz normalen Alltag. Erst im Alter wird das Erlebte von damals häufiger zum Problem. „Alles, was die Menschen sich so als Schutz aufgebaut haben im Leben, wird weniger – Familie, Freunde, der Beruf, der einen fordert. Da blieb einem wenig Zeit zum Nachdenken. So konnte man Erlebtes ganz gut nach hinten drängen. Aber wenn das bröckelt, wenn diese äußeren Schutzmechanismen im Alter brüchiger werden, dann kommt es dazu, dass das alte Trauma wieder aufbricht.“

Wenn das passiert, dann sei es wichtig, da zu sein und die Lebensgeschichte mit ihren Verletzungen zu würdigen. Das sei Ziel einer traumasensiblen Seelsorge. „Einmal heißt ja Seelsorge da sein, bei einem anderen sein“, so Christians-Albrecht. „Also gar nicht mal gleich eine Lösung zu wissen oder daran zu arbeiten, dass eine Lösung gleich präsent ist, sondern einfach da sein. Das ist es, was die Kinder damals nicht erlebt haben: Es war keiner für sie da mit ihren schweren Erlebnissen.“ Die zweite Aufgabe der Seelsorge ist, nach dem zu fragen, was eigentlich in dieser Zeit getröstet hat. „Wir sind in der Situation da als Seelsorgende und verweisen auf das, was immer schon geholfen hat. Das kann der Glaube sein. Oft sagen Leute: Ach, wenn ich meinen Glauben nicht gehabt hätte.“

Stichwort: Trauma

Eine mögliche Folge stressbeladener und angsterfüllter Erfahrungen ist das Erleiden eines Traumas. Häufig hängt es an den Bewältigungsstrategien des Einzelnen, wie er oder sie eine belastende Situation bewältigt oder eben nicht bewältigen kann. So können Traumafolgestörungen alle treffen, Kinder genauso wie Erwachsene. Oft bleiben die unsichtbaren Wunden unentdeckt. Es sind meist Reize von außen, sogenannte Trigger, die Betroffene ganz plötzlich und unerwartet in die traumatischen Erfahrungen zurückwerfen. Dabei ist es ganz unterschiedlich, was als Trigger fungiert. Im Prinzip aber kann es alles sein. Nachrichten, akustische Signale, ein Duft, eine Berührung. 

Eine männlich gelesene Person mit kurzen Haaren und hellblauem Hemd lächelt.
Daniel Tietjen ist Leiter der Telefonseelsorge Elbe-Weser in der Landeskirche Hannovers.

Dass das Dasein ein elementares Gut der Seelsorge ist, weiß auch Daniel Tietjen. Als Leiter der Telefonseelsorge sind er und sein Team häufig die ersten Ansprechpartner in akuten Stresssituationen. „Die Leute melden sich bei uns, weil sie durch irgendetwas, was sie antriggert, in eine Situation gekommen sind, wo sie Angst verspüren und dann dringend einen Kontakt brauchen. Sie brauchen Hilfe, wo sie sich im Gespräch entlasten können, sich mitteilen können. Manchmal haben wir es auch, dass jemand eine Panikattacke hat und dann schauen wir, wie wir gemeinsam durchatmen können. Wir versuchen zu helfen aus der Situation wieder rauszukommen, in der sich das Gegenüber gerade befindet.“

Dasein, wenn es gerade wirklich nötig ist. Dafür arbeiten Tietjen und sein Team rund um die Uhr. Das Angebot der Telefonseelsorge in Form von Anrufen, Chat oder Mails wird von vielen angefragt. Tietjen weiß, dass das vor allem daran liegt, dass jeder und jede anonym bleiben kann. „Wir garantieren den Menschen, dass sie sich anonym melden können. Diese Anonymität ist für viele ein Geschenk. Im Chat mitunter glaube ich ist es noch angenehmer. Ich muss nicht über die Lippen bringen, was mich bewegt, sondern ich kann es schreiben und so ein bisschen von mir wegdistanzieren.“ 

Wichtig sei, sich klarzumachen, dass Seelsorge keine Therapie ist, sagen Anita Christians-Albrecht und Daniel Tietjen. Aber sie wissen, wie wichtig es ist, als Seelsorger*in dennoch da zu sein. Denn oft sind es sie, die in akuten Situationen sofort erreichbar sind und helfen „der Angst das Gewicht zu nehmen.“

Eine männlich gelesene Person mit kurzen Haaren und hellblauem Hemd lächelt.
Daniel Tietjen ist Leiter der Telefonseelsorge Elbe-Weser in der Landeskirche Hannovers.

Hier gibt es Hilfe...

Die Telefonseelsorge ist für Sie erreichbar – kostenlos von überall und zu jeder Zeit unter Telefon (0800) 1110111 oder (0800) 1110222. Sie können anonym bleiben und wenn Sie nicht sprechen möchten, erreichen Sie die Telefonseelsorge auch über einen Computer-Chat.

Auch die Kirchengemeinde an Ihrem Wohnort steht Ihnen in Krisenzeiten jederzeit offen: Wenn Sie noch nicht wissen, wer genau für Sie da ist, können Sie Ihre Kirchengemeinde über den Gemeindefinder ermitteln. Sie müssen nur Ihre Adresse eingeben.

Julia Littmann