Startseite Archiv Nachricht vom 24. April 2016

Riss in der Perlenkette

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Hildesheim. Manchmal, erklärt Superintendentin Katharina Henking, könne es eine Erlösung sein, eine Erinnerung loszuwerden. Etwa am PC. Ein Dokument endgültig löschen – ein gutes Gefühl. Aber was, wenn das Vergessen zur Krankheit wird? Wie die Würde des Einzelnen erhalten, wenn die Persönlichkeit sich langsam auflöst. Ein Leben in Würde, betont Katharina Henking, das habe nicht zuletzt mit den Menschen zu tun, die demenziell Erkrankte umgeben. Man könne den Menschen durch Blickkontakt, Gespräche und Berührung sagen: „Du bist nicht vergessen.“

Es ist ein stimmungsvoller geistlicher Impuls, den die Superintendentin des Kirchenkreises Hildesheimer Land-Alfeld einbringt in eine besondere Versammlung des Hospizvereins „Geborgen bis zuletzt“. Das Thema, wie demenziell Erkrankte beim Sterben begleiten, steht an diesem Abend im Sitzungssaal des Kirchenamts Hildesheim im Mittelpunkt. Dabei berührt vor allem eine Erinnerung, die Katharina Henking zum Schluss ihrer kurzen Ansprache mit den Zuhörern teilt. Die verzweifelten Verwandten einer Demenzkranken hätten sie, die Alfelder Pastorin, gerufen. Aber die demenziell erkrankte Dame habe sich gegen jede Form der Hinwendung gewehrt. Schließlich, so Katharina Henking, habe sie leise „Weißt du wieviel Sternlein stehen“ gesummt. Und die alte Dame stimmte brummend ein.

Es sind Rückblicke wie dieser, die an diesem Abend hängen bleiben. Erfahrungen teilen, einander Kraft geben für die weitere Arbeit. Auch das hat hier seinen Platz. Und so begleitet Arwed Henking die Mitglieder des Hospizvereins nach dem geistlichen Impuls seiner Frau auf dem Klavier, während man gemeinsam „Weißt du wieviel Sternlein stehen“ singt.

Dorothea Speyer-Heise bereichert den Abend durch einen umsichtigen Vortrag zu der Frage, wie Kommunikation mit Demenzkranken gelingen kann. Die Schriftstellerin und Krankenhausseelsorgerin im Ruhestand vergleicht dabei die Wahrnehmung des Demenzkranken mit einer gerissenen Perlenkette. Zwischen den Erinnerungen löse sich die Verbindung. Übrig bleibe ein Leben im permanenten Augenblick. Deshalb sei es für die Menschen, die Demenzkranke begleiteten, um so wichtiger, den Moment zu nutzen. Berührungen könnten helfen oder im Gespräch kurze, einfache Sätze zu benutzen. Wichtig sei außerdem, den Blickkontakt zu suchen und die kärglichen Signale des Demenzkranken wahrzunehmen und richtig zu deuten. Ein schwer wiegendes Problem in Deutschland sei dabei die Unterversorgung von demenziell Erkrankten mit Schmerzmitteln. Hier müssten auch Verwandte und SterbebegleiterInnen auf körperliche Anzeichen achten, um die erkrankten Menschen nicht mit ihren Schmerzen allein zu lassen.

Friedrich Wißmann, Vorsitzender des Hospizvereins Geborgen bis zuletzt, bedankt sich für das große Engagement der vielen Ehrenamtlichen, die in den Arbeitsbereichen Sterbe- und Trauerbegleitung tätig sind. Ergänzend zum Vortrag von Dorothea Speyer-Heise betont der Vorsitzende die wachsende Bedeutung der Palliativmedizin für das Hospizwesen. Darüber hinaus spricht er über die wegweisenden Projekte des Hospizvereins: Etwa die Urnenbegleitung für Verstorbene, die durch das Sozialamt bestattet werden müssen. Dies sei eine Initiative, die landesweit Anerkennung finde. Menschen eine würdevolle Bestattung ermöglichen, auch das ist ein Weg zu sagen: „Du bist nicht vergessen.“

Copyright: epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen

Mitglieder gesucht

Der Hospizverein sucht auch weiterhin neue Mitglieder. Für Menschen die sich aktiv in der Begleitung Sterbender engagieren wollen beginnt nach den Sommerferien ein neuer Vorbereitungskurs.

Ein erster Infoabend findet dazu am 10. Mai um 18:30 Uhr in der Klosterstr. 6 statt. Um Anmeldung wird unter der Rufnummer 05121 - 918 74 62 gebeten.