Startseite Archiv Nachricht vom 22. Juli 2015

Musikwissenschaftler warnt vor dem Verlust sakraler Musik

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Bremen/Schwäbisch Gmünd (epd). Der Musikwissenschaftler Max Nyffeler sieht sakrale Musik in der Krise. Der Kirchenmusik breche mit dem Bröckeln der Kirchen das jahrhundertealte institutionelle Fundament weg, sagte Nyffeler am Mittwochabend in Schwäbisch Gmünd in seiner Laudatio auf die in Bremen lebende südkoreanische Komponistin Younghi Pagh-Paan (69). Mit der Auszeichnung ehrt das von der Stadt Schwäbisch Gmünd getragene Festival Europäische Kirchenmusik die Komponistin für ihre Verdienste um Komposition und Lehre zeitgenössischer Musik sowie für ihre musikalisch einzigartigen interkulturellen Visionen. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert.

Nyffeler zufolge stellen die Menschen im Zeitalter des Computers die Kraft der Inspiration infrage. Dieses "Einhauchen von Geist" habe im auf Machbarkeit reduzierten Denken von heute keinen Platz mehr. Pagh-Paan gebe auf diese Entwicklung eine besonders charakteristische Antwort. Für sie sei religiös ausgerichtete Musik Ausdruck ganz persönlichen Erlebens, "das aus dem Inneren kommt und auf das Innere zielt". Ihr Schaffen bewege sich im Spannungsfeld zwischen ostasiatischem und europäischem Denken. Dies präge auch ihre Preisträgerkomposition "In deinem Licht sehen wir: das Licht", in der sie Texte von Psalmen und aus dem Tao Te King miteinander verbinde.

In der Kirche habe sich oft auch gegen deren Widerstände die europäische mehrstimmige Kunstmusik entwickelt vom Mittelalter bis zu den Komponisten des 20. Jahrhunderts, sagte Nyffeler laut seinem vorab veröffentlichtem Manuskript zufolge. Diese weltweit einzigartige Musiktradition sei "ein klingendes Abbild der christlichen kulturellen Überlieferungen" und drohe nun abzubrechen. Es gebe jedoch immer noch Komponisten wie Younghi Pagh-Paan, die dieser Entwicklung die bewusste Suche nach möglichen Ausdrucksformen sakraler Musik entgegensetzten.

Younghi Pagh-Paan wurde 1945 in Cheogju (Südkorea) geboren. Durch ein Stipendium kam sie 1974 nach Deutschland. 1994 wurde sie zur Professorin für Komposition an die Hochschule für Künste Bremen berufen. Dort gründete sie das "Atelier Neue Musik", das sie bis zu ihrem Ruhestand 2011 leitete. Zur Emeritierung erhielt sie die Bremische Medaille für Kunst und Wissenschaft.
 

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