Startseite Archiv Nachricht vom 22. April 2015

Deutsche Seemannsmission fordert mehr Hilfe für Flüchtlinge im Mittelmeer - Schiffsbesatzungen berichten von psychischen Belastungen

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Das Flüchtlingsdrama im Mittelmeer bewegt auch viele Seeleute, die auf den Handelsschiffen in der Region arbeiten. In Stationen der Deutschen Seemannsmission erzählen sie von den psychischen Belastungen, mit denen sie massiv zu kämpfen haben.

Bad Bederkesa/Kr. Cuxhaven (epd). Mit scharfer Kritik an der völlig unzureichenden EU-Hilfe für Flüchtlinge im Mittelmeer hat die Deutsche Seemannsmission am Donnerstag im niedersächsischen Bad Bederkesa ihre diesjährige Mitgliederversammlung begonnen. "Es ist dringlichst nötig, dass hier politisch gehandelt wird", forderte zum Auftakt des zweitägigen Treffens der Vorstandsvorsitzende der Seemannsmission, Hans Christian Brandy.

"Die EU muss diesem humanitären Skandal ein Ende machen", betonte der Stader Regionalbischof. Nach der jüngsten Bootskatastrophe mit mehr als 800 Toten suchen Bundesregierung, EU und die internationale Staatengemeinschaft nach Wegen, ein weiteres Flüchtlingssterben im Mittelmeer zu verhindern. "Nicht in der Flucht der Gedanken, allein in der Tat ist die Freiheit", zitierte Brandy in diesem Zusammenhang den evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer.

Zur Deutschen Seemannsmission gehören 16 Auslandsstationen für Seeleute aus aller Welt, unter anderem am Mittelmeer im ägyptischen Alexandria, im griechischen Piräus und im italienischen Genua. Dort berichteten Seeleute immer wieder von psychischen Belastungen, die das Flüchtlingsdrama bei ihnen auslöse und mit denen sie zu kämpfen hätten, sagte die Generalsekretärin der Seemannsmission, Heike Proske, dem epd. Viele sähen Leichen im Wasser treiben, ergänzte Seemannsdiakon Markus Schildhauer. "Sie sind oft verzweifelt", berichtete der 56-jährige Seelsorger aus Alexandria.

Teil des weltweiten Netzes der evangelischen Organisation sind darüber hinaus 16 Inlandsstationen an Nord- und Ostsee sowie in Europas größtem Binnenhafen Duisburg. Während im Ausland 17 diakonisch-missionarische Beschäftigte tätig sind, sind es im Inland 42.

Dazu kommen Proske zufolge 800 Ehrenamtliche, die bei Bedarf Seeleuten durch Bordbesuche, Freizeitangebote, soziale Hilfen und Seelsorge zur Seite stehen. Die Clubs der Seemannsmissionen sind fern der Heimat für Schiffsbesatzungen im hoch technisierten Alltag der Hafenlogistik oft einziger Anlaufpunkt, um mit den Familien über Internet oder Telefon Kontakt aufzunehmen.

Bis Freitag geht es in Bad Bederkesa auch um Wahlen zum Präsidentenamt und zum Generalsekretariat der Deutschen Seemannsmission. Für die Präsidentschaft ist der ehemalige Hamburger Propst und Vizepräsident Jürgen Bollmann (67) im Gespräch. Amtierende Generalsekretärin ist seit Juli 2009 Pastorin Heike Proske (53). Sie kandidiert für eine weitere sechsjährige Amtszeit als deutsche "Bischöfin der Seeleute" mit Dienstsitz in Bremen.

Außerdem wollen die mehr als 40 Delegierten im Verlauf der Tagung über Fragen zur zukünftigen Struktur und Finanzierung der Seemannsmission beraten. Die Deutsche Seemannsmission hat einen Jahresetat von rund 2,5 Millionen Euro. Gut die Hälfte davon steuerte bisher die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) bei, will ihren Anteil aber reduzieren. Den Rest muss das Werk mit Rücklagen, eigenen Einnahmen, Spenden und durch freiwillige Schiffsabgaben der Reeder finanzieren.

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