Startseite Archiv Tagesthema vom 22. Juni 2015

Menschen sind wichtigste Ressource

Zwei Delegierte der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers haben an der Ratstagung des Lutherischen Weltbundes (LWB) vom 18. bis 22. Juni 2015 in Genf teilgenommen: Oberlandeskirchenrat Rainer Kiefer, Referent für weltweite Mission und Ökumene im Landeskirchenamt, und Anna-Maria Klassen, die als Jugenddelegierte auch im Exekutivkomitee des Rates vertreten ist.

Die vollständige Darstellung von Archivmeldungen befindet sich noch im Aufbau. Schauen Sie in Kürze noch mal vorbei!

Florian Hübner: Ein Thema ist Selbstverständnis des Lutherischen Weltbundes als Kirchengemeinschaft. Was hat es damit auf sich?

Anna-Maria Klassen: Der Lutherische Weltbund nennt sich selbst „eine Kirchengemeinschaft“. Dieses Selbstverständnis hat seinen wesentlichen Ausdruck in der Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft. Es wurde in den letzten Jahren vor allem durch Diskussionen um Ehe, Familie und menschliche Sexualität auf die Probe gestellt.

Im Moment befindet sich der LWB in einem Prozess, die theologischen und organisatorischen Implikationen des Communio-Charakters zu klären und das Verhältnis zwischen der Autonomie der einzelnen Mitgliedskirchen und ihrer gegenseitigen Verantwortlichkeit auszubalancieren.

Folgende zentrale theologische Maßstäbe wurden dafür entwickelt: Die Gemeinschaft hat ihren Grund und ihr Zentrum im Evangelium von der Gnade Gottes. Das Wort Gottes findet seinen Ausdruck in vielen Gestalten. Das spiegelt die Vielfalt der Gemeinschaft wider, die durch Freiheit, gegenseitigen Respekt und Verantwortung gekennzeichnet ist. Wort und Sakrament sind sichtbarer Ausdruck dieser Gemeinschaft. Das Wort vom Kreuz erinnert die Kirche an ihre eigene Unvollkommenheit, in der sie auf Vollendung hofft.

Hübner: Wie wirkt sich diese Frage auf die Landeskirche Hannovers aus?

Rainer Kiefer: Das ökumenische Engagement der Landeskirche ist bei uns in der Verfassung der Landeskirche aufgenommen. So ist die Mitgliedschaft im Ökumenischen Rat der Kirchen und im Lutherischen Weltbund dort ausdrücklich benannt. Daraus erwachsen dann natürlich auch Rechte und Pflichten – Möglichkeiten der Mitwirkung, der Gestaltung und Begleitung, aber auch der Finanzierung. Dazu gehört dann auch, dass wir die LWB-Kirchen über Entscheidungen informieren, die wir in unserer Kirche treffen und die das Leben und das Zusammenspiel in der Weltgemeinschaft berühren. Vergleichbare Verabredungen haben wir übrigens auch innerhalb der Gemeinschaft unserer Partnerkirchen getroffen, mit denen wir über das Evangelische Missionswerk in Niedersachsen (ELM) verbunden sind.

Hübner: Was plant der LWB zum Reformationsjubiläum 2017?

Klassen: Die Vollversammlung des LWB findet 2017 unter dem Thema „Befreit durch Gottes Gnade. 500 Jahre Reformation“ in Windhuk, Namibia, statt. Damit will der LWB betonen, dass die Reformation sich nicht auf Wittenberg, Deutschland oder Europa beschränkt, sondern eine „Weltbürgerin“ ist.

Kiefer: Die Aktivitäten des LWB zum Reformationsjubiläum beginnen aber schon dieses Jahr und beziehen sich auf die internationale, aber auch auf die lokale Ebene. Das globale Jugendnetzwerk „Young Reformers“ ist inzwischen etabliert und über 100 junge Leute aus allen Mitgliedskirchen treffen sich im Sommer in Wittenberg; auch die Landeskirche ist mit zwei Delegierten vertreten. Im Mai 2016 trifft sich der Rat des LWB ebenfalls in Wittenberg und Vertreter und Vertreterinnen aus den Mitgliedskirchen werden in diesem Zusammenhang bei uns zu Gast sein.

Klassen: Das Frauennetzwerk des LWB sammelt auf dem Weg von Wittenberg nach Windhuk Geschichten von Frauen der Reformationsbewegung – es wird eine „her-story“ der Reformation geschrieben.

Kiefer: Darüber hinaus finden internationale Tagungen statt, auf denen die Themen des Reformationsjubliläums diskutiert werden: Erlösung – für Geld nicht zu haben; Menschen – für Geld nicht zu haben; Schöpfung– für Geld nicht zu haben.

Ich wünsche mir, dass wir im Rahmen unserer eigenen Vorbereitungen auf das Reformationsjubiläum diese Aspekte aufnehmen können. Das Themenjahr 2016 – Reformation und die Eine Welt – bietet dazu viele Möglichkeiten.

Hübner: Wie wird sich diese ökumenische Dimension zeigen?

Kiefer: Während der Ratstagung haben der Lutherische Weltbund und der Päpstliche Rat zur Förderung der Einheit der Christen gemeinsam zu einem ökumenischen Gedenken am 31. Oktober 2016 nach Lund, Schweden eingeladen. Ich freue mich, dass damit das gemeinsame Dokument „Vom Konflikt zur Gemeinschaft“ in seiner Bedeutung für die Römisch-Katholische Kirche und den LWB gewürdigt wird.

Hübner: Was war Ihr persönlicher Höhepunkt dieser Ratstagung?

Kiefer: Wir haben am Samstag an den internationalen Tag des Flüchtlings erinnert. Ich bin immer wieder beeindruckt von dem hohen Engagement des LWB für die Flüchtlinge in den Krisenregionen der Welt. Sie finden in Flüchtlingslager Zuflucht und erhalten für sich und ihre Familien ein Dach über dem Kopf, für ihre Ernährung und ihre Gesundheit wird gesorgt. So wollen wir Zeichen setzen und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft stärken.

Klassen: Die gemeinsamen Gottesdienstfeiern sind für mich auf jeder Ratstagung der Höhepunkt. Trotz aller Meinungsverschiedenheiten am Tisch des Herrn zusammenkommen zu können bestärkt mich in der Hoffnung auf Frieden und Versöhnung.

Das Interview führte Florian Hübner, Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Weltdienst

Kampf gegen den Klimawandel

Der Lutherische Weltbund (LWB) begrüsst „Laudato Si‘. Über die Sorge für das gemeinsame Haus“, die neue Enzyklika von Papst Franziskus, als Ermutigung für alle, die um Klimagerechtigkeit ringen.

LWB-Generalsekretär Pfr. Martin Junge erklärte dazu, die Enzyklika „ermutigt jeden Menschen, der auf diesem Planeten lebt, mitzuwirken an dem dringlichen Schutz unseres gemeinsamen Hauses. Als LWB sind wir ermutigt, auch weiterhin mit besonderer Entschlossenheit den Klimawandel sowohl zu thematisieren als auch seine Bewältigung in Angriff zu nehmen. Wir freuen uns auf eine verstärkte ökumenische Zusammenarbeit bei diesem lebenswichtigen Thema, das uns alle angeht.“

Die heute vom Vatikan veröffentlichte Enzyklika des Oberhaupts der weltweiten römisch-katholischen Kirche ruft auf zu einer ethischen, spirituellen und ökonomische Revolution, um eine katastrophale Klimaveränderung zu verhindern und der wachsenden Ungerechtigkeit in der Welt Einhalt zu bieten.

„Wir begrüssen, dass Papst Franziskus die engen Zusammenhänge betont zwischen der Sorge für den Planeten und der Sorge für die Armen und für zukünftige Generationen“, führte Junge aus. „Wir müssen die Enzyklika aufmerksam lesen, um die Gemeinsamkeiten hinsichtlich unserer derzeitigen Arbeit zu Fragen des Klimawandels herauszuarbeiten.“

Der LWB hat beschlossen, seinen Schwerpunkt bei der Eindämmung der Folgen des Klimawandels zu setzen, bei denen es um soziale und ökonomische Verantwortung sowie um die Verantwortung für Klimagerechtigkeit geht. Im Rahmen seines Engagements für die Bewahrung der Schöpfung will der LWB bis 2050 Klimaneutralität erreichen.

Federführend gestalten LWB-Jugenddelegierte die Advocacy-Arbeit des Weltbundes in diesem Bereich im Rahmen der weltweiten Kampagne „Fasten für das Klima“. Sie vertreten den LWB bei den Klimawandelkonferenzen der Vereinten Nationen.

Florian Hübner