Momentaufnahmen 2019

Januar: Auftakt mit „Zeit für Freiräume“

Im Januar beginnt das Jahr 2019 unter dem Motto „Zeit für Freiräume“. Das Themenjahr wird mit sechs Gottesdiensten in den Sprengeln der Landeskirche eröffnet. Der Appell: Entdecke deine Freiräume, nimm dir Zeit für dich, durchbreche Routinen. Das ganze Jahr über finden Projekte und Aktionen in Gemeinden und anderen Gruppen statt: Aus manchen Kirchenschiffen wird die Bestuhlung herausgenommen, es gibt besondere Andachten oder auch Radpilgertouren. Unter dem Hashtag #freiräume sammeln Nutzerinnen und Nutzer in den sozialen Medien ihre persönlichen Erlebnisse. „Wir sagen aber bewusst nicht, dass wir auf zwölf Monate beschränkt sind“, erinnert Koordinatorin Karoline Läger-Reinbold am Ende des Jahres: „Es steht ein Doppelpunkt hinter dem Motto – die Freiräume gehen weiter.“

Februar: Grundsteinlegung für die Klosterbibliothek

Im Februar wird der Grundstein für die neue Bibliothek des Predigerseminars im historischen Kloster Loccum gelegt. Hinter viel Holz, Glas und einer Natursteinverkleidung werden 120.000 Bücher Platz finden, darunter wertvolle Handschriften aus dem Mittelalter wie etwa das „Loccumer Evangeliar“. Zugleich ist die Bibliothek ein wichtiger „Arbeitsplatz“ für die angehenden Pastorinnen und Pastoren im Loccumer Predigerseminar, denn hier findet sich die ganze Bandbreite der Literatur für die Vorbereitung auf das Pfarramt. Die Restauration des Klosters und der Neubau der Bibliothek sind das größte Bauprojekt der hannoverschen Landeskirche in der Nachkriegszeit. Das Kloster wurde im Jahr 1163 von Zisterziensermönchen gegründet.

März: Studierende besuchen syrische Schulen

Im März besuchen 15 Studierende aus Göttingen, Hildesheim und Osnabrück für zwei Wochen syrische Flüchtlingskinder im Libanon. Die Gruppe arbeitet an evangelischen Schulen, in denen Kinder aus Flüchtlingslagern unterrichtet werden. Ihre Reise ist Teil der Initiative „Begegnen. Stärken. Lernen.“ Die Schulen werden getragen von der Evangelischen Nationalsynode von Syrien und Libanon (NESSL), die von der Landeskirche Hannovers unterstützt wird. Aus der Landeskirche sind nach Angaben des Landeskirchenamtes bislang rund 110.000 Euro Unterstützung für die sechs Schulen mit über 600 Kindern geflossen. Mit Blick auf die Reise erneuert Landesbischof Ralf Meister eine Zusage der Landessynode an die Christen in Syrien: „Wir haben euch nicht vergessen.“

April: Gorlebener Gebet feiert Jubiläum

Im April feiert die ökumenische Initiative „Gorlebener Gebet“ ihr 30-jähriges Jubiläum. Seit 1989 treffen sich jeden Sonntag Menschen, sie beten gemeinsam und gestalten Protestaktionen gegen Atomkraft und das Endlager Gorleben. Laut den Veranstaltern sind es jeden Sonntag zehn bis 30 Teilnehmer, zu besonderen Anlässen auch deutlich mehr. Noch nie ist ein Gebet ausgefallen. Somit fand es mehr als 1.750-mal statt. Den Anstoß für die Gorlebener Gebete gab 1988 ein Protestmarsch über 1.000 Kilometer und 63 Tage: Vom bayrischen Wackersdorf bis nach Gorleben hatten die Demonstranten ein schweres Holzkreuz getragen, das seitdem im Gorlebener Waldboden verankert ist.

Mai: Neue Verfassung verabschiedet

Im Mai verabschiedet die Landessynode nach mehr als 50 Jahren eine neue, grundlegend überarbeitete Kirchenverfassung. Das Kirchenparlament beschließt in Hannover einstimmig einen Text mit
87 Einzelartikeln. Mehr als drei Jahre lang war er in zahlreichen Gremien und Gruppen intensiv beraten worden. In Zukunft soll er die Grundlage für das kirchliche Leben bilden. „Das ist ein ganz besonderer Moment, das spüren wir hier alle“, sagt Synodenpräsident Matthias Kannengießer. Die Mitglieder des Kirchenparlaments spenden stehend Applaus. Landesbischof Ralf Meister unterzeichnet die Verfassung als Erster. Dann folgen alle anwesenden Synodalen und weitere Mitglieder der Kirchenleitung. Die neue Verfassung gilt ab dem 1. Januar 2020 und löst die bisherige Kirchenverfassung aus dem Jahr 1965 ab, die aus Sicht der Synode nicht mehr die Kirche von heute abbildet. Die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers ist mit rund 2,5 Millionen Mitgliedern in 1.248 Gemeinden zwischen Hann. Münden und der Nordsee die größte evangelische Landeskirche in Deutschland.

Juni: 18. Nordseelauf zwischen Inseln und Küste

Im Juni beginnt der alljährliche Nordseelauf unter dem Motto „Mach nicht halt – lauf gegen Gewalt“. Der Nordseelauf führt in sieben Etappen auf insgesamt 62,5 Kilometern über Langeoog, Hooksiel, Norderney, Dorum und Dangast bis nach Otterndorf. „Beim ersten Start gehen mehr als 500 Teilnehmende auf die
Strecke“, sagt die evangelische Urlauberpastorin und Mitorganisatorin Antje Wachtmann. Wer mitlaufe, setze ein Zeichen für Fairness, Respekt und Mitmenschlichkeit. Bis zum Schluss sind mehr als 3.500 Personen registriert, die eine oder mehrere Etappen gelaufen sind. Der von der Urlauberseelsorge der hannoverschen Landeskirche begründete Lauf rückt in diesem Jahr das zehnjährige Bestehen des Titels Weltnaturerbe Wattenmeer und den Erhalt der einzigartigen Landschaft in den Mittelpunkt. Zu den Siegerehrungen nach den Etappen und bei den Überfahrten gehören auch Andachten und „geistliche Zeitansagen“.

Juli: Evangelische Schule ehrt Holocaust-Überlebenden

Im Juli erhält der 98-jährige Holocaust-Überlebende Leon Schwarzbaum sein Abiturzeugnis. Die Leiterin der evangelischen IGS Wunstorf, Elke Helma Rothämel, hatte sich dafür eingesetzt. Auslöser für die Initiative war der Film „Der letzte Jolly Boy“, der Schwarzbaums vergebliches Bemühen zeigt, sein Zeugnis wiederzubekommen. Der 98-Jährige hatte seine Reifeprüfung vor 80 Jahren am jüdischen „Fürstenbergus Lyzeum“ in Bendzin im heutigen Polen abgelegt. Sein Zeugnis hatte er aber im Konzentrationslager Auschwitz abgeben müssen. Nachdem die Wunstorfer Schule den Film vorgeführt hatte, initiierte Schulleiterin Rothämel die Neuausstellung des Abizeugnisses ehrenhalber. Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) und Oberlandeskirchenrätin Kerstin Gäfgen-Track überreichen Leon Schwarzbaum schließlich das Dokument in der niedersächsischen Landesvertretung in Berlin.

August: Kirche prämiert Kunst und Kultur

Im August überreicht der evangelische Landesbischof Ralf Meister in Hildesheim den vierten Kulturpreis der hannoverschen Landeskirche. Der mit 10.000 Euro dotierte Hauptpreis geht an den Theaterverein „Forum für Kunst und Kultur“ (Foto) aus Heersum bei Hildesheim. „Damit setzt unsere Landeskirche ganz klar das Signal, dass Kirche und Kultur viel miteinander zu tun haben“, sagt Meister am Rande des Festaktes in der Hildesheimer St.-Michaelis-Kirche. Das „Forum für Kunst und Kultur“ wird für seine jährlichen Sommerspiele unter freiem Himmel geehrt, bei denen seit 1991 jeweils Dörfer aus der Region zu Bühnen und Kulissen werden. Das Forum schöpft die Ideen für seine Stücke aus der Geschichte und den Gegebenheiten vor Ort und im Dialog mit den Menschen in der Region, die so zu Beteiligten der Stücke werden. Den mit 5.000 Euro dotierten Förderpreis bekommt das Kollektiv YUP („Young Urban Performances“) aus Osnabrück. Der Preis wird seit 2010 alle drei Jahre vergeben.

September: Landeskirche unterstützt globalen Klimastreik

Im September demonstrieren in Niedersachsen und Bremen mehr als 100.000 Menschen an mehr als 70 Orten für Klima- und Umweltschutz. In Hannover ist unter den rund 30.000 Demonstrierenden auch Landesbischof Ralf Meister. Er ermutigt die größtenteils Jugendlichen, weiter zu protestieren und gewaltfrei zu bleiben: „Ihr seid Teil der weltweit größten, friedlichen Jugendbewegung, die es jemals gegeben hat. Macht weiter!“ Hunderte kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beteiligen sich im Rahmen der Demonstration an Diskussionsveranstaltungen, Workshops und Andachten zur Bewahrung der Schöpfung. Die Kirchen seien Partner der Fridays-for-future-Bewegung, betont Meister: „Wenn wir so weitermachen, werden wir mit der Schöpfung, der guten Gabe Gottes, keine Zukunft mehr haben.“ Die Landeskirche Hannovers fördert etwa die Anschaffung von E-Autos, E-Fahrrädern und den Aufbau von Pkw-Ladesäulen auf kirchlichem Gelände. Bis 2030 sollen außerdem die CO²-Emissionen aus Gebäuden erheblich reduziert werden.

Oktober: Kirche wird Wohnheim

Im Oktober ziehen Studierende in eine umgebaute Kirche in Hannover ein. Wo einst die Orgel spielte, wird nun gekocht; wo früher lange Bänke standen, öffnen sich nun Zimmertüren. Die Gerhard-Uhlhorn-
Kirche bietet nach ihrem Umbau 27 Einzel- und Doppelzimmer und vier Sozialwohnungen. Das sakrale Raumgefühl bleibt dabei erhalten: Die sechs Buntglasfenster im 21 Meter hohen Spitzgiebel lassen Licht herein, das Christuskreuz ist zwar mit Segeltuch verhüllt, hängt jedoch an alter Stelle, und auch der Altar blieb an seinem Platz – wenn auch mit Holz verkleidet. Die Kirche war bereits 2012 entwidmet worden – vier Jahre lang wurde anschließend eine neue Nutzung gesucht. Für Pastorin Dorothee Blaffert ist das Wohnheim „das passendste Konzept, denn Wohnraum wird gebraucht.“

November: Einweihung eines Kirchenzentrums

Im November wird eine neue Kirche in der Landeskirche Hannovers eingeweiht – nach über zwei Jahren erstmals wieder. Regionalbischöfin Petra Bahr entwidmet zunächst die alte Kirche in Hannover-Bothfeld. In der anschließenden Prozession tragen Gemeindemitglieder liturgische Gegenstände wie Kreuz, Bibel, Osterkerze und Taufschale aus der alten in die neue Kirche. Auch Ministerpräsident Stefan Weil, der zum ersten Mal an einer Kircheneinweihung teilnimmt, begleitet den Gottesdienst und bezeichnet die Weihe in Zeiten von sinkenden Mitgliederzahlen als „großartig“. Bahr ermutigt in ihrer Predigt dazu, dass die Gemeindearbeit so gestaltet werden soll, „dass sich auch Menschen über die Kirchenschwelle trauen, die mit den alten Lieblingsliedern fremdeln und in der Liturgie verloren gehen.“ Christinnen und Christen sollen auch Menschen, „die andere Frisuren und andere Musik mögen“, in ihre Gemeinschaft integrieren – so werde „dieser Raum zu Gottes Hütte“. Der Neubau des St.-Nathanael-Kirchenzentrums ersetzt den alten, sanierungsbedürftigen Kirchensaal der Gemeinde aus den 60er-Jahren. Auch Vereine, Bürger und Unternehmen sind eingeladen, das Zentrum zu nutzen.

Dezember: „Wir schicken ein Schiff“

Im Dezember schließen sich viele Gemeinden und die Landeskirche dem Bündnis „United4Rescue“ an. Das Bündnis will ein Schiff zur Seenotrettung im Mittelmeer entsenden. Die Botschaft: „Man lässt keine Menschen ertrinken. Punkt.“ Es unterstützt die zivilen Rettungsorganisationen, die Menschen auf der Flucht
vor dem Ertrinken retten. Das Logo des Bündnisses ist ein gefaltetes Papierschiff – passend dazu schickte die Gemeinde Aerzen 1.000 selbstgebastelte Boote an die leitenden Gremien der EKD, um zu diesem Vorhaben zu ermutigen. Landesbischof Ralf Meister verdeutlicht in seinem Bericht vor der Synode: „Es ist eine Initi-
ative, die das fortwährende Unrecht anklagt und helfen soll, Leben zu retten.“