
„Metal und Mystery sind eigentlich meine Favoriten. Die Musik vom WAR REQUIEM ist aber ähnlich, finde ich. Ist cool. Gefällt mir sehr. Besonders das Dies irae“, stellt der 16-jährige Mike beim Pausengespräch in der Albert- Schweitzer-Schule Hameln fest. Wochenlang beschäftigte sich seine ganze Klasse mit dem Jahrhundertwerk des englischen Komponisten Benjamin Britten. Denn die Schule durfte an einem landesweiten Projekt teilnehmen, zu dem die NDR Radiophilharmonie eingeladen hatte. Chefdirigent Andrew Manze hatte das monumentale Werk auf das Programm seines Orchesters gesetzt. Zusammen mit dem Royal Liverpool Philharmonic Orchestra wollte er an das Ende des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren erinnern und ein mahnendes Zeichen setzen. „Es geht um die Kommunikation zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit.
Wir müssen aus der Vergangenheit lernen. Und damit aus unseren Fehlern“, erläutert er seine Beweggründe. Für das Team „Discover music!“ der NDR Radiophilharmonie war schnell klar, dass die Aufführung dieses epochalen Werkes von einem groß angelegten Musikvermittlungsprogramm für Schülerinnen und Schüler begleitet werden müsste. Und die Albert-Schweitzer-Schule in Hameln war eine der zwölf Schulen, die aus 60 Bewerbungen ausgelost wurden und dabei sein durften. Der NDR suchte für die Gestaltung dieser anspruchsvollen Aufgabe erfahrene professionelle Kooperationspartner. Auch das landeskirchliche Projekt VISION KIRCHENMUSIK wurde von der Redaktion angesprochen. „Nach der guten Zusammenarbeit in 2017 für die Lukaspassion von Penderecki freuen wir uns, nun erneut offizieller Kooperationspartner der NDR Radiophilharmonie zu sein und fünf Schulprojekte zu gestalten“, freut sich Silke Lindenschmidt vom Leitungsteam.
So waren die Projektleiter Silke Lindenschmidt und Ulf Pankoke nicht nur in Hameln, sondern auch in Aschendorf, Hildesheim, Leer und Lüneburg mit ihren kreativen Ideen willkommene Partner und Ideengeber. Eine Riesenaufgabe. Wie können Schülerinnen und Schüler sich diesem komplexen Kunstwerk nähern, das für die meisten von ihnen fremd und eigenartig wirken muss? Wie können sie das textliche Zusammenspiel von lateinischen Requiem- Texten und der erschütternden Antikriegs-Lyrik des jungen Soldaten Wilfried Owens verstehen lernen? Wie erschließt sich ihnen die klassisch moderne Tonsprache von Benjamin Britten? Und das Wichtigste: Welche Brückenschläge zur Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler lassen sich finden?
In enger Zusammenarbeit mit engagierten Lehrerinnen und Lehrern suchte das Team VISION KIRCHENMUSIK gemeinsam mit den Jugendlichen nach Antworten auf diese Fragen. Herausgekommen sind am Ende faszinierende Antworten, in denen sich die jungen Menschen intensiv und tiefgehend auf die Komposition mit all ihren Facetten eingelassen und ganz unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten entwickelt haben. So konnten sich die jungen Kreativen dieser Schule auch gut behaupten, als sie beim Schultreffen im Interview mit ihrem Schulleiter Oliver Tillmann auf der Bühne des Leibnizsaales im hannoverschen Kongresszentrum von ihrem Projekt berichteten. Dorthin waren am Morgen des 2. Novembers alle Projektaktiven eingeladen worden, um sich gegenseitig ihre Arbeitsergebnisse vorzustellen. „Es war schön, die Vielfalt der Schulprojekte zu erleben und zu sehen, mit welcher Ernsthaftigkeit sich die Jugendlichen mit dem War Requiem auseinandergesetzt haben“, zeigt sich Silke Lindenschmidt auch nach drei Tagen begeistert.